Nach seiner Entlassung notiert er, über ein beeindruckendes Gedächtnis verfügend, mit maßloser Schaffenswut, die "Erzählungen aus Kolyma": Zeugnis vom Lager, das zur Chiffre des 20. Jahrhunderts werden sollte, und literarisches Ringen um die Fassbarkeit des undenkbaren und doch erdachten und gelebten Grauens. Schalamows Erzählungen zeugen von der Normalität des Monströsen, von der unumkehrbaren Deformation der Psyche und der Lakonik kurz aufblitzenden Glücks, von der Gleichgültigkeit des Todes, der nicht schlimmer sein kann als das, was man hier Leben nennt. Mit einer Sprache, die jegliches Ornament abstreift und nach dem Wesentlichen und Wahrhaftigen sucht, ergründet Schalamow unerbittlich den dünnen Firnis von Zivilisation und Kultur, ja die Essenz des Menschlichen. Gegen die Verführung des Vergessens schafft er ein immenses Werk, dunkles Kompendium eines menschlichen Infernos, im Zentrum die Frage: "An welcher letzten Grenze kommt das Menschliche abhanden? Wie davon erzählen?"
Timofej Kuljabin, 1984 geboren, ist leitender Regisseur am Nowosibirsker Theater "Rote Fackel" und eines der aufsehenerregendsten Regietalente seiner Generation. 2015 wurde seine international beachtete Inszenierung von "Tannhäuser" an der Nowosibirsker Staatsoper auf Betreiben der orthodoxen Kirche hin wegen Blasphemie abgesetzt, ebenso wie der damalige Intendant. "Am Kältepol – Erzählungen aus dem Gulag" ist seine erste Schauspielinszenierung in Deutschland.
Deutsch von Gabriele Leupold
Regie Timofej Kuljabin
Bühne Oleg Golovko
Kostüme Galya Solodovnikova
Licht Georgij Belaga
Dramaturgie Angela Obst + Olga Fedianina
Kamera David Müller
mit
Nora Buzalka
Sibylle Canonica
Pauline Fusban
Anna Graenzer
Hanna Scheibe
Charlotte Schwab
Di 06. Mär 18, 19:30 Uhr
So 25. Mär 18, 19:00 Uhr