„Es war sechs Uhr zweiunddreißig am 30. Juli 1914, als der siebzehnjährige Bauernknecht Hans Ranftler nach kaum halbstündigem Schlaf von einem Beamten der k.u.k. Eisenbahnen, der den Besen in der Hand trug, unsanft aus dem Schlaf befördert wurde.“ Mit diesem Satz beginnt Raphaela Edelbauers neuer Roman DIE INKOMMENSURABLEN, der uns an den Vorabend des Ersten Weltkrieges in die Hauptstadt der auseinanderfallenden Habsburg-Monarchie entführt.
Hans hat erstmals im Leben seine Tiroler Heimat verlassen. In Wien möchte er die Psychoanalytikerin und Expertin für „geteiltes Bewusstsein“, Helene Cheresch, aufsuchen, um mit ihr seine paranormale Gabe zu besprechen: vorausdenken, was andere sagen werden. Vor ihrer Praxis lernt Hans die Freunde Klara und Adam kennen – Klara ist in Inzersdorf in bitterer Armut aufgewachsen und die erste Wienerin, die im Fach Mathematik promoviert; Adam ist ein junger Aristokrat mit musischem Talent aus einer Dynastie von erzkonservativen Generälen – und ihm steht die Front bevor.
Gemeinsam erlebt dieses „Trio infernale der Sonderbegabung“ (NZZ) einen nächtlichen Trip durch Wien vor dem Tag der deutschen Kriegserklärung – ein Wien, das Edelbauer mit humorvoller Zuspitzung und historischer Detailtreue wieder auferstehen lässt. Zwischen Alptraum und Realität, Drogenrausch und geschichtlichen Fakten schillert es in den buntesten Farben der kollektiven Kriegshysterie; ein massenhafter Wahn, von dem Stück für Stück ganz Europa erfasst werden wird, das traumwandlerisch und voller falscher Ideen in die Katastrophe marschiert.
Immer tiefer geraten die drei in den Wiener Untergrund. Hans macht Bekanntschaft mit der queeren Szene und der bewohnten Kanalisation der Vielvölker-Metropole sowie mit den werten Honoratioren der mathematischen Fakultät am Schottentor – um sich schließlich, nach 36 Stunden ohne Schlaf – zum psychoanalytischen Showdown mit Helene Cheresch in einer Villa in den Donauauen von Strebersdorf wiederzufinden.
2024 jährt sich das Attentat von Sarajevo und die darauffolgende Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien zum 110. Mal. Das Künstlerkollektiv sputnic wird DIE INKOMMENSURABLEN als Live Animation Cinema im Volkstheater zur Uraufführung bringen.
Nils Voges – Mitglied des Künstlerkollektivs sputnic (bestehend aus Malte Jehmlich, Nicolai Krahwinkel und Nils Voges) – inszeniert das Schicksal von Hans, Klara und Adam an diesem Kipppunkt der Geschichte – spannend, herzergreifend und voller Humor. Seit 2004 arbeitet sputnic interdisziplinär in den Bereichen der visuellen Kommunikation und Animation. Als Medienkünstler entwickeln sie Videoszenografien für internationale Bühnen, Inszenierungen und mediale Installationen. Mit ihrer Inszenierung „Die Möglichkeit einer Insel“ (Schauspiel Dortmund), kreierten sputnic 2015 ein völlig neues Genre im Theater- und Filmbereich: Live Animation Cinema – eine Mischung aus Trickfilm, Graphic Novel und Hörspiel – das sie mit der Uraufführung von „Die Inkommensurablen“ erstmals nach Österreich bringen.
in einer Bühnenfassung von sputnic / Nils Voges und Anne-Kathrin Schulz (Mitarbeit)
Besetzung
mit Gerti Drassl
Hardy Emilian Jürgens
Fabian Reichenbach
Anna Rieser
Regie sputnic / Nils Voges
Bühne Michael Wolke
Kostüm Friederike Wörner
Illustration Karl Uhlenbrock
Head of Animation Michael Dölle
Komposition Fiete Wachholtz
Video Art Lisa Rodlauer
Lightdesign Ines Wessely
Dramaturgie Alexander Kerlin