Als er sich in die Edeldame Maddalena di Coigny verliebt, die auch von dem Lakaien Carlo Gérard begehrt wird, gerät selbst die Sehnsucht nach privatem Glück in die Fänge der Politik. Am Ende bleibt Maddalena und Andrea nur der gemeinsame Gang zur Guillotine.
Umberto Giordano (1867–1948) zählt neben Francesco Cilea, Alberto Franchetti und Giacomo
Puccini zur Gruppe der so genannten „giovane scuola“, der „jungen Schule“, deren Wirken die italienische Opernlandschaft um 1900 maßgeblich prägte. Mit seiner Neigung zu volksnahen Stoffen und realistischen Milieuschilderungen rangiert er darüber hinaus gemeinsam mit Pietro Mascagni und
Ruggero Leoncavalli als bedeutendster Vertreter des musikalischen Verismo. Wäre es nach den Eltern
gegangen, hätte Umberto Giordano seinen Lebensunterhalt als Fechtlehrer bestritten. Doch trotz der Neigung des jugendlichen Umberto zu dieser Sportart, wandte er sich auf eigenen Wunsch der
Musik zu. Ein erster Versuch des gerade Vierzehnjährigen, eines der begehrten Stipendien für ein
Musikstudium am Konservatorium von Neapel zu erhalten, scheiterte an der Generalbass-Prüfung. 1889 nahm er an einem Opernwettbewerb des renommierten Verlagshauses Sonzogno teil, aus dem Pietro Mascagni mit seinem Einakter Cavalleria rusticana als Sieger hervorging; Giordano wurde der 6. Platz zuerkannt. Immerhin war das Interesse an dem aufstrebenden Komponisten geweckt. Nach den nur mäßig erfolgreichen Werken Mala vita (1892) und Regina Diaz (1894) gelang Giordano mit der Uraufführung seiner vierten Oper Andrea Chénier an der Mailänder Scala im März 1896 ein durchschlagender Erfolg, der den Ruhm des Komponisten bis heute maßgeblich bestimmt.
Das Werk
Im Zentrum steht der französischen Dichter André Chénier, der 1794 im Alter von 31 Jahren unter
der Guillotine den Tod fand. Luigi Illica stellte das Textbuch zur Oper jedoch nicht nach Tatsachenberichten, sondern nach Ideen von Henri de Latouche (Herausgeber der Werke André Chéniers), Arsène Houssayes, der Brüder Edmond und Jules Goncourt sowie Théophile Gautiers zusammen. Illicas und Giordanos Musikdrama präsentiert sich als großes Historiengemälde und führt den Zuschauer mit Revolutionsmelodien, darunter das berühmte „Ça ira“ und die „Marseillaise“, auch musikalisch mitten hinein in die Wirren der 1790er Jahre in Frankreich. Folglich wird die Revolution selbst zum eigentlichen Motor und zur Triebfeder der Handlung.
Im Frühjahr 2013 brachte Generalintendant Guy Montavon eine gefeierte Neuinszenierung des Chénier am Staatstheater Nürnberg heraus, die ab dem 30. Mai 2015 am Theater Erfurt zu erleben ist. Als Bühnenbildner kehrt nach langer Zeit Edoardo Sanchi nach Erfurt zurück, der hier in der Saison 2006/07 den imposanten Bühnenraum zu Wagners Tannhäuser entworfen hat. Die an historischen Vorbildern orientierten Kostüme stammen von Roswitha Thiel, die zuletzt für die Neuproduktion von Emmerich Kálmáns Gräfin Mariza in Erfurt zu Gast war. Die musikalische Gesamtleitung liegt in den Händen des italienischen Dirigenten Manlio Benzi, der bereits bei Ponchiellis La Gioconda (2007/08) und Verdis Don Carlo zur Eröffnung der Jubiläums-Spielzeit 2013/14 am Pult des Philharmonischen Orchesters Erfurt stand.
Musikalische Leitung Manlio Benzi
Inszenierung Guy Montavon
Bühnenbild Edoardo Sanchi
Kostüme Roswitha Thiel
Mit
Marc Heller (Andrea Chénier)
Kartal Karagedik (Carlo Gérard)
Macarena Valenzuela (Maddalena di Coigny)
Marisca Mulder (La Mulatta Bersi)
Stéphanie Müther (La Contessa di Coigny / Madelon)
Nils Stäfe (Roucher / Pierre Fléville)
Juri Batukov (Fouquier-Tinville)
Máté Sólyom-Nagy (Mathieu, ein Sansculotte)
Robert Wörle (Un Incredibile / Ein Spion / L'Abate)
Gregor Loebel (Schmidt / Ein Haushofmeister / Dumas)
Weitere Aufführungen: Sa, 06.06. | So, 14.06. | Fr, 19.06. | So, 21.06.2015