Eine solche Kooperation ermöglicht den Partnern wertvolle neue Erfahrungen zu sammeln und Perspektiven zu öffnen. Die festen Theater bieten den freien Gruppen eine gute Infrastruktur mit hoher organisatorischer und künstlerischer Kompetenz inklusive mehr Aufführungsmöglichkeiten. Im Gegenzug erhalten diese bei einer solchen Zusammenarbeit mit freien Gruppen neue inhaltliche Akzente zur Bereicherung ihrer bewährten Ausdrucksformen, Arbeitsmethoden und Themensetzungen. Mit dem Fonds Doppelpass, welcher über zwei Jahre läuft, wird eine gleichberechtigte künstlerische Zusammenarbeit zwischen einem festen Haus und einer freien Gruppe gefördert.
Bei der Kooperation zwischen dem Theater und Orchester Heidelberg (Beteiligte u. a. Schauspieler, Tänzer, Dramaturgen, Musiker) und der Hamburger freien Gruppe costa compagnie ist das Ende einer Ära der Ausgangspunkt des gemeinsamen Konzeptes. Nach 70-jähriger Besatzungszeit verlassen rund 8.000 in Heidelberg stationierte US-Soldaten und ihre Familien die Stadt. Unter dem Titel CONVERSION sollen mittels Performances, Installationen und Theaterabenden in den leer stehenden Kasernen und im Theater die Besatzungszeit sowie heutige Formen von Besatzung untersucht und den Bürgern erfahrbar gemacht werden. Basis der Arbeit sind ausführliche Recherchen, die zu Theateraufführungen, Performances, Installationen und einem Audio-Video-Walk führen sollen. Es werden Fragen untersucht wie: Welche Spuren hat die Besatzung hinterlassen? Wo trifft Weltpolitik auf alltägliche Geschichte? Was verbindet die Amerikaner mit Heidelberg? Was ist das Spezifische an einer Besatzung? Inwieweit findet diese noch heute statt? Ergebnisse und Erfahrungen der Arbeiten werden dokumentiert. Es wird Text-, Bild- und Tonmaterial gesammelt. Erste Resultate werden in ‚Laboren‘ relativ kurzfristig präsentiert. Gastspiele und Recherchereisen werden geplant.
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Die Costa Compagnie wurde im Frühjahr 2009 in Hamburg gegründet und besteht aus Mitgliedern und ‚Kollaborateuren‘ aus den Bereichen Regie, Tanz, Musik, Performance, Bildende Kunst, Dramaturgie, Video und Schauspiel. Die Gruppe bietet dabei eine offene Formation mit festem Kern. Alle Mitglieder arbeiten ebenso in anderen Kontexten. Inhaltlich fokussiert sich die Compagnie seit mehreren Produktionen vor allem auf die Fragen: Was ist der Mensch in der Katastrophe? Wie setzen wir uns mit einer sich transformierenden globalen Wirklichkeit in Beziehung? Wie gestaltet man die kulturelle Vermittlung dieser?
Besondere Akzente setzt das Theater und Orchester Heidelberg (Fünfspartenhaus mit drei festen Festivals) unter der Intendanz von Holger Schultze auch auf die Beschäftigung mit regionalen Stoffen und Themen sowie auf Kontinuität. Kontinuität äußert sich in der fortdauernden Zusammenarbeit mit Theaterautoren wie Rebekka Kricheldorf und Dirk Laucke, aber auch im beständigen Plädoyer für Zweitaufführungen, also für das Nachspielen von Theaterstücken über die Uraufführungsproduktion hinaus. Beispiele dafür sind das spektakuläre Schauspielprojekt DON’T BELIEVE THE HYPE im Herbst 2011, die neuartige Auslobung eines »NachSpielPreises« im Rahmen des Heidelberger Stückemarkts seit dem Jahr 2012 sowie die Zweitinszenierung der Opernphantasie DIONYSOS von Wolfgang Rihm 2013.
Einen spartenübergreifenden Schwerpunkt der Spielzeit 2011/12 bildet die künstlerische Auseinandersetzung mit der Diskriminierung von Sinti und Roma, deren Dokumentationszentrum und Zentralrat in Heidelberg ansässig sind. Kommende Themenschwerpunkte sind u. a. auch der Abzug der US-amerikanischen Truppen aus den Heidelberger Kasernen und die vielbeschworene Heidelberger Romantik.