Stellenweise klang die Nähe zu Henry Purcell durch. Die verschiedenen Variationen besaßen einen errstaunlichen Klangfarbenreichtum bis hin zur krönenden Fuge. Dem Purcell-Thema fehlte auch nicht der patriotische Unterton. Modal gefärbte Harmonik und chromatische Klangsensibilität sorgten bei dieser konzentrierten Wiedergabe für eine fast bewegende Durchsichtigkeit des Klangbilds, deren Intensität nicht nachließ. Und auch die gemäßigt moderne Tonsprache Brittens zeigte klangliche Feinheiten.
Bei der "Rhapsody in Blue" für Klavier und Orchester von George Gershwin trat Wayne Marshall auch als Pianist auf, der dem beginnenden Klarinetten-Glissando gleich in fulminanter Weise antwortete. Knisternder Rhythmus und ausdrucksstarke Synkopen schufen eine elektrisierende Atmosphäre, die das Bundesjugendorchester immer weiter anheizte. Gershwin soll durch das Rattern der Eisenbahn zu diesem furiosen Stück inspiriert worden sein. Auch Franz Liszt scheint bei der einen oder anderen Sequenz Pate gestanden zu haben. Kadenzartige Improvisationseinschübe feierten dann bei der Intepretation von Wayne Marshall wahre Triumphe. Die swingenden Themen schienen geradezu zu explodieren. Vor allem die formale Gestaltung riss die Zuhörer ganz unmittelbar mit.
Zum Abschluss war die Suite für großes Orchester "Die Planeten" op. 32 von Gustav Holst zu hören. Der Engländer beschäftigte sich zeitlebens mit Mystik und fremden Kulturen. 1913 ließ er sich von seinem Freund Clifford Bax in die Geheimnisse der Astrologie einweihen. Das Bundesjugendorchester bot unter der inspirierenden Leitung von Wayne Marshall gleich zu Beginn bei "Mars" eine grandiose Leistung. Der insistierende Marschrhythmus im Fünfviertel-Takt besaß zündendes Feuer und wilde Leidenschaft, die auch in den Streichern aufblitzte. Die dynamischen Steigerungswellen gipfelten in einem ungeheuren Fortissimo-Ausbruch. Eine gewisse Nähe zur Sinfonik Havergal Brians war hier spürbar. Wie dieser durchbricht Gustav Holst kühn die Grenzen der Tonalität. Der zweite Satz gilt Venus als der Göttin der Liebe. Die zarten Klangfarben wurden dabei geradezu sphärenhaft herausgearbeitet. Der geflügelte Götterbote Merkur erscheint bei Holst als Scherzo im Sechsachteltakt. Die flackernden Motive prägten sich bei dieser präzisen Interpretation stark ein. Festlich und pompös kam dann "Jupiter" als größter Planet des Sonnensystems daher. Glück und Optimismus war bei dieser Wiedergabe stark spürbar. Saturn ist hier Herr der Zeit, steht für Ordnung und Maß und ist ein Patron des Alters. Die hin und her pendelnden Akkorde der Flöten und Harfen wurden vom Bundesjugendorchester ausgesprochen fein ausbalanciert. Der Gedanke an die Glocken der Kathedrale von Durham ist nicht abwegig. Für Uranus als den Himmelsgott findet Gustav Holst Elemente von Scherzo und Marsch. Das Vierton-Motiv verzauberte die Zuhörer mit den Tönen G-Es-AS-H hier ganz unmittelbar. Beim letzten Satz Neptun gelingen Holst irisierende Klänge mit sphärenhaftem Glanz, die das Bundesjugendorchester magisch einfing. Die motivischen Fragmente beschrieben die unendlichen Weiten des Alls suggestiv. Die Deutsch-Britische Chorakademie interpreiterte als verborgener Frauenchor wahrhaft mystisch textlose Vokalisen, deren Klangflächen in der Ferne immer mehr verschwanden.
Jubel.