Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
"Sonne / Luft" von Elfriede Jelinek - Deutsches Theater in Göttingen"Sonne / Luft" von Elfriede Jelinek - Deutsches Theater in Göttingen"Sonne / Luft" von...

"Sonne / Luft" von Elfriede Jelinek - Deutsches Theater in Göttingen

Premiere Sa, 27.4.2024 • 19.45 Uhr • dt.1

Sonne und Luft. Elfriede Jelinek hat ihren neuesten Theatertext den beiden größten Lebensspendern gewidmet, ohne die unsere Existenz auf dieser Erde nicht möglich wäre. Aber die Sonne hat sich entschlossen, ihren Ton gegenüber dem Menschengeschlecht zu ändern. Statt sanftem Licht und wohltuender Wärme spendet sie immer öfter gleißende Helligkeit und tödliche Hitze.

 

Copyright: Isabel Winarsch

Sie entfacht Feuermeere, trocknet Seen aus, lässt ganze Landstriche verdorren und hat eine diebische Freude daran, zu beobachten, wie die panisch gewordene Menschheit versucht, ihren sengenden Strahlen zu entkommen. Und auch wenn sie selbst dazu verurteilt ist, in ferner Zukunft zu verglühen, bleibt ihr die Genugtuung, vorher die Erde von den Menschen befreit zu haben.

Und auch die Luft wartet nur darauf, wieder durchatmen zu können. Während im ersten Teil die Sonne monologisiert, ist nun die Atmosphäre von Vielstimmigkeit erfüllt. Ein letzter verzweifelter Versuch, noch einmal Ordnung in die Natur zu bringen, der endgültig ins Chaos führt. Wenn die saubere Luft zum Atmen knapp wird, schlägt das Gehirn Kapriolen, kommt der Verstand an seine Grenzen.

»Sonne / Luft« räumt auf mit dem Irrglauben, dass der Mensch sich die Erde untertan machen könne. Die Annahme, dass sich die Natur beherrschen ließe und eine unerschöpfliche Quelle sei, aus der sich die maßlosen Bedürfnisse unserer Spezies befriedigen ließen, wird als maßlose Hybris entlarvt. Wenn der Mensch vom Weltuntergang fabuliert, überschätzt er sich: Er wird selbstverschuldet mit seiner Welt untergehen, für die Natur spielt das keine große Rolle.

Elfriede Jelinek, 1946 in Österreich geboren, tritt zwar selten in der Öffentlichkeit in Erscheinung, mischt sich mit ihren Werken aber sprachgewaltig in die Debatten unserer Zeit ein. Für ihr umfangreiches Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet, 2004 erhielt sie den Nobelpreis für Literatur. In ihren Texten mischen sich Stimmen, Gegenstimmen, Chöre zu polyphonen Sprachkunstwerken, die mit Sarkasmus, aberwitzigen Wortspielen und beeindruckender Bildmächtigkeit die Absurdität unserer Gegenwart beschreiben und sich nicht scheuen, klare Positionen zu beziehen. Korrupte Eliten, die patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft, Fremdenfeindlichkeit und latenter Faschismus sind Themen, die sich durch ihr Werk ziehen.

Regie
Sarah Kurze
Bühne
Janja Valjarević
Kostüme
Vanessa Vadineanu
Musik
Samuel Wiese
Dramaturgie
Sonja Bachmann

03.05
Fr
19:45-19:45 Uhr
24.05
Fr
19:45-19:45 Uhr
28.05
Di
19:45-19:45 Uhr

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 12 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

FURCHT VOR DER FREIHEIT -- Neue Reihe "Studio goes Politics" im Studiotheater STUTTGART

Die Kabarettistin Stephanie Biesolt eröffnete zusammen mit der Schauspielerin Marion Jeiter diese neue Kabarett-Reihe im Studiotheater. Dabei wurde die AfD aufs Korn genommen. Beim "Angriff auf…

Von: ALEXANDER WALTHER

GESPENSTER UND ATEMLOSE SPANNUNG -- "Falsche Schlange" von Alan Ayckbourn im Kronenzentrum/BIETIGHEIM-BISSINGEN

Eine Prodfuktion von Tournee-Theater Thespiskarren - Theater im Rathaus Essen. - In der subtilen Regie von Gerit Kling bekommt dieser Psycho-Thriller rasch scharfe Kontur. Annabel Chester kehrt nach…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUCH DIE BILDENDE KUNST IST PRÄSENT -- Ludwigsburger Schlossfestspiele 2025

Die Festspielzeit 2025 wird am Samstag, 31. Mai 2025 mit dem Konzerthausorchester Berlin unter der Leitung von Joana Mallwitz im Forum am Schlosspark eröffnet. Neben Schuberts "Großer C-Dur-Sinfonie"…

Von: ALEXANDER WALTHER

FEINE SCHWINGUNGEN -- "Wege in die Gegenwart" - Gitarrenmusik des 20. und 21. Jahrhunderts im Kammermusiksaal der Musikhochschule STUTTGART

Gitarren-Musikstudenten der Klasse von Tillmann Reinbeck stellten sich im Kammermusiksaal der Musikhochschule vor. Der Abend begann mit "Quatre pieces breves" aus dem Jahre 1933 von Frank Martin. Das…

Von: ALEXANDER WALTHER

PEITSCHENDE RHYTHMEN -- Symphonieorchester unter Juraj Valcuha im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGART

Ein sehr russisches Programm präsentierte das glänzend disponierte SWR Symphonieorchester unter der Leitung des slowakischen Dirigenten Juraj Valcuha diesmal in der Liederhalle. Zunächst erklang die…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑