Ein zerschnittener Handschuh prangt auf dem Plakat von Stephan Bundi. Er erinnert an den zerknautschten Schuh, den der Grafiker 2010 als Affichen-Motiv für das am damaligen Theater Biel Solothurn gezeigte Stück «Gegen den Fortschritt» gewählt hatte. Und das nicht umsonst: «Gegen den Fortschritt», «Gegen die Demokratie» und «Gegen die Liebe» bilden gemeinsam eine äusserst erfolgreiche Trilogie des 1976 geborenen Esteve Soler, die bereits in sechs Sprachen übersetzt wurde.
Die drei Werke ähneln sich zum einen durch ihre in mehrere Stücke aufgeteilte Form, zum andern durch inhaltliche Aspekte: «Die drei Stücke haben eine gemeinsame Absicht, sie sollen Wörter kritisch hinterfragen, die wir üblicherweise als positiv werten. „Fortschritt“, „Liebe“ und „Demokratie“ sind Begriffe, die derart positiv besetzt sind, dass sie jegliche Kritik mundtot machen. Doch wenn man genauer hinschaut, sind da durchaus Abgründe auszumachen», so Soler zu seiner Trilogie.
«Gegen die Demokratie» entlarvt das Prinzip von Gleichheit und Gemeinschaft als blosse Farce und zeigt, dass das einst unantastbare Wahrzeichen „Demokratie“ zur sinnentleerten Worthülse verkommen ist: Während einfache Bürger zur politischen Ohnmacht verurteilt sind, verstrickt sich die regierende Politik mit den Machthabern der Wirtschaft. Die fünf kurzen Stücke erinnern an die Tradition des „Grand Guignol“, eine französische Theaterform des späten 19. Jahrhunderts, welche anhand kurzer Gruselszenen und surrealistischer Farcen die Schrecken der Zeit reflektierte.
«Gegen die Liebe» führt dagegen den romantischen Liebesbegriff und die traute Zweisamkeit ad absurdum. In der heutigen Konsumgesellschaft scheint oftmals weniger die zwischenmenschliche Beziehung im Zentrum zu stehen, als der Anspruch, «alles und jeden haben» zu können. Die Liebe wird so zum Verkaufsgut. Soler versetzt seine Figuren in Situationen, die an den Liebesalltag angelegt sind – bestreut mit einer gehörigen Prise Absurdität. Derart verfremdet, schafft er einen neuen Blick auf das so grosse Thema Liebe, bleibt dabei absurd-komisch und melancholisch zugleich. Und lässt einen nachdenklich zurück.
Zum Saisonabschluss setzt das Schauspiel des Theater Orchester Biel Solothurn die erfolgreiche «Gegen»-Trilogie des katalanischen Dramatikers Esteve Soler fort. Als Schweizer Erstaufführungen werden in der Rythalle Solothurn und im Bieler Stadttheater «Gegen die Demokratie» und «Gegen die Liebe» gezeigt – bitterböse, groteske und komische Miniaturen, die die Auswüchse und Entgleisungen unserer Zeit reflektieren. Regie führt die TOBS-Schauspieldirektorin Katharina Rupp.
«Gegen die Demokratie / Gegen die Liebe»
Fünf kurze Stücke nach Art des „Grand Guignol“ und drei burleske Dramolette
Schauspiel von Esteve Soler
Schweizer Erstaufführung
Aus dem Katalanischen von Charlotte Frei und Georg Holzer
Inszenierung Katharina Rupp
Bühne und Kostüme Cornelia Brunn
Dramaturgie Adrian Flückiger
Mit
Miriam Strübel
Günter Baumann
Jan-Philip Walter Heinzel
Matthias Schoch
Einführung 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn.
Vorstellungsdaten
Solothurn, Rythalle
So 27.04.14 19:00 Premiere
Di 29.04.14 19:30
Do 01.05.14 19:30
Mi 14.05.14 19:30
Fr 16.05.14 19:30
Sa 31.05.14 19:30
Di 03.06.14 19:30
Biel, Stadttheater
Mi 07.05.14 19:30 Premiere
Sa 17.05.14 19:00
Fr 23.05.14 19:30
Di 10.06.14 19:30