Doch dies alles bleiben Stereotypen. Letztlich entzieht sich Lulu allen bürgerlichen Kategorien, scheint in Verbindung mit unterschiedlichen Männern quer durch die Wunschbilder von Weiblichkeit zu wandern. Aus Doktor Golls kindlicher Gespielin Nelly wird beim Maler Schwarz die jungfräuliche Eva, während ihr dritter Ehemann, der Journalist Schöning, sie als sinnliche Mignon sieht. Sie ist viermal verheiratet, wobei alle Ehen unweigerlich auf eine Katastrophe zusteuern und für die Männer tödlich enden. Mit dem Mord an Schöning beginnt für Lulu der unaufhaltsame Abstieg. Ihre Flucht vor der Polizei führt sie in die mondäne Halbwelt von Paris und schließlich nach London, wo sie als Prostituierte in die Hände von Jack the Ripper fällt.
Sowohl der Komponist Alban Berg als auch der Schriftsteller Frank Wedekind
gehören zu den prägenden Künstlerpersönlichkeiten der Moderne. Ist Lulu bei
Wedekind ein Wunschbild und gleichzeitig eine Angstvision, verwandelt sie
sich dreißig Jahre später in der Oper Alban Bergs in eine selbstbestimmte
Frau, wird sie zu einer jungen, dynamischen Heldin der Großstadt.
Regisseur David Marton, 1975 in Budapest geboren und seit 1996 in Berlin
lebend, entwickelt Projekte, die im Grenzbereich zwischen Musiktheater und
Schauspiel liegen und an denen gleichermaßen Schauspieler, Musiker und
Sänger mitwirken. Am schauspielhannover war als Gastspiel sein vielbeachteter »Wozzeck« nach Georg Büchner und Alban Berg zu sehen. In
seiner neuen Inszenierung verbindet er Wedekinds Monstretragödie »Lulu« und Alban Bergs Vertonung und Neuinterpretation des Stoffes, um eine
eigenwillige, sinnliche und mit musikalischen Genres spielende »Lulu«-Version zu schaffen.
Regie David Marton · Musikalische Leitung Jan Czajkowski
Arrangement Sir Henry ·
Bühne und Kostüme Alissa Kolbusch
Dramaturgie Beate Heine
Mit Thorbjörn Björnsson, Holger Bülow, Christian Friedel, Benjamin Höppner,
Peter Knaack, Jelena Kuljic, Matthias Neukirch, Lilith Stangenberg, Yuka
Yanagihara · Musiker Jan Czajkowski, Sir Henry