Delius schreibt für eine große romantische Orchesterbesetzung. Seine Oper basiert auf einer Novelle von Gottfried Keller. Alles, was der Autor in seinem Text wortreich beschreibt, malt der Komponist mit einer frappierenden Plastizität in Tönen: Berge, Felder, den Sommerhimmel, den Jahrmarkt und den Fluss in der Abenddämmerung. Delius findet ein besonderes Schweben für Vrenchens und Salis gemeinsamen Traum von einer ehrbaren Hochzeit. Denn die beiden jungen Helden tun das Allerberührendste und Verstörendste: Sie lieben sich und bringen sich am Ende um, weil die Welt, aus der sie kommen, ihre Liebe nicht zulässt.
Keller verlegte den Konflikt, der bei Shakespeare in Verona und Mantua spielt, in die Schweiz des mittleren 19. Jahrhunderts. Zwei Bauern streiten um einen Acker, der als Brachland zwischen ihren Feldern jahrelang nicht gebraucht wurde. Obwohl sie gute Freunde waren, prozessieren sie so lange gegeneinander, bis beide Familien ruiniert sind. Ihre Kinder, Sali („Romeo“) und Vrenchen („Julia“) müssen sich heimlich treffen. Als Vrenchens Vater die jungen Leute auf dem umstrittenen Acker erwischt, schlägt ihn Sali mit einem Stein bewusstlos – und macht ihn zu einem Geistesverwirrten ohne Gedächtnis. Von den eigenen Dorfbewohnern geächtet, gehen die beiden in einem letzten Aufbegehren auf einen Jahrmarkt, tanzen und lassen sich feiern wie ein junges Brautpaar. Am Abend besteigen sie einen Heukahn, der ihnen als Hochzeitsbett dient und nach und nach mit Wasser vollläuft, so dass beide den geplanten Liebestod im Wasser sterben. Haben Shakespeares Helden noch einflussreiche und äußerst hilfsbereite Freunde, sehen sich Vrenchen und Sali völlig isoliert von der Dorfgemeinschaft, in der man nichts ist, wenn man kein Geld hat. Doch gerade in dieser eigentlich kälteren Welt als in der Shakespeare-Version glüht die Liebe von Vrenchen und Sali als Zeichen des Widerstands umso heißer.
Lyrisches Drama in sechs Bildern von Frederick Delius
Libretto vom Komponisten nach der gleichnamigen Novelle von Gottfried Keller
MUSIKALISCHE LEITUNG Justin Brown
REGIE Arila Siegert
BÜHNE Frank Philipp Schlößmann
KOSTÜME Marie-Luise Strandt
DRAMATURGIE Joscha Schaback
Mit Stefania Dovhan / Veronika Pfaffenzeller, Larissa Wäspy – Carsten Süß a. G. / Steven Ebel a. G., Armin Kolarczyk / Gabriel Urrutia Benet, Ks. Edward Gauntt / Seung-Gi Jung, Lucas Harbour / Jaco Venter, Florian Heideker / Tom Volz (Cantus Juvenum)