Die Sänger pflegen das Parlando einfühlsam und sensibel - allen voran Anna Tomowa-Sintow als Gräfin, Wolfgang Schöne als ihr Bruder und Graf, Eberhard Büchner als Musiker Flamand und Franz Grundheber als Dichter Olivier. So geraten das Streit- und Lachoktett sowie die pathetische Ansprache des von Manfred Jungwirth charakteristisch verkörperten Theaterdirektors La Roche sowie die parodistische Dienerszene zu reizvollen Höhepunkten. Sehr komödiantisch und satirisch wirkt außerdem der Auftritt des von Anton de Ridder facettenreich dargestellten Monsieur Taupe. Ausgesprochen lyrisch sind die Einsätze der beiden Künstler. Besonders gelungen erscheint hier das Orchesterzwischenspiel "Mondnacht", das fast schon in geheimnisvoller Weise zur Schlussszene überleitet. In weiteren Rollen überzeugen Trudeliese Schmidt als Schauspielerin Clairon, Adelina Scarabelli als italienische Sängerin, Pietro Ballo als italienischer Tenor und Lorenz Minth als Haushofmeister.
Für die Uraufführung hatte sich Richard Strauss übrigens die Salzburger Festspiele gewünscht. Sein Wunsch ging aber nicht in Erfüllung. "Capriccio" wurde im Jahre 1942 in München uraufgeführt. 1950 sorgten aber dann Karl Böhm als Dirigent und Rudolf Hartmann als Regisseur mit Sängerinnen wie Lisa della Casa und Elisabeth Höngen im Salzburger Festspielhaus für einen grandiosen Erfolg. Das erotische Element nimmt in der Handlung eine eher ironische Rolle ein. Die Gräfin soll sich zwischen einem Dichter und einem Musiker entscheiden. Angesichts der unlösbaren Wort-Ton-Einheit des Sonetts bleibt diese Frage aber offen. Der Schönheitssinn dieser Gräfin kommt in der ausgefeilten Darstellung von Anna Tomowa-Sintow beispielhaft zur Geltung. Sehr markant mimt Manfred Jungwirth den Theaterdirektor. Das Paris des Jahre 1775 wird so immer wieder höchst lebendig. Der Streit zwischen Musiker und Dichter um den Vorrang ihrer Kunst gerät zu einem weiteren akustischen Schmuckstück, wo die feine kammermusikalische Dynamik zu ihrem Recht kommt. Die künstlerische Ausgestaltung für die Geburtstagsfeier dieser Gräfin kommt bei der Aufnahme stark theatralisch zur Geltung - das zeigt nicht nur die pathetische Gestaltung der Verse Oliviers durch den Grafen. Man meint, Theaterszenen auf doppelter Ebene in einem imaginären Theaterraum beizuwohnen. Flamand trägt sein Sonett hier ausgesprochen ekstatisch vor der Gräfin vor. Schließlich bemerken die Diener lakonisch: "Die ganze Welt ist närrisch, alles spielt Theater. Uns machen sie nichts vor, wir sehen hinter die Kulissen..."
Schließlich erscheint die Gräfin in großer Abendtoilette und blickt in den Park. Bei Horst Stein sind Dichter und Musiker untrennbar durch das Sonett miteinander verbunden, deswegen kann die Gräfin hier auch keine Entscheidung treffen: "Wählst du den einen, verlierst du den andern! Verliert man nicht immer, wenn man gewinnt?" Manche Assoziationen zum "Rosenkavalier" sind mehr als zufällig. Mit einem Knicks unterbricht der Haushofmeister diesen merkwürdigen Monolog. Ungelöste Fragen schweben im Raum. Das Libretto von Clemens Krauss möchte sie auch gar nicht beantworten. Diese Selbstreflexion des Musiktheaters, die Richard Strauss auf der Bühne dargestellt haben wollte, ist auch auf dieser interessanten CD-Aufnahme nachvollziehbar. Die Wiener Philharmoniker unter Horst Stein stellen die musikalischen Zitate und Anspielungen aus Opern wie "Iphigenie in Aulis", "Figaro", "Tristan", "Meistersinger" und "Falstaff" feingliedrig heraus. Nichts wirkt hier übertrieben, vieles aber konzentriert durchdacht und neu gedeutet.
Die Neuinszenierung durch Johannes Schaaf aus dem Jahre 1985 (der diese Aufnahme zugrundeliegt) wurde übrigens in die 1930er Jahre verlegt. Ein Art-deco-Schloss konnte die Verfremdung nicht wettmachen, die zahlreiche Kritiker dieser Inszenierung vorwarfen. Der komödiantische Reiz der Musik geht beim Hören der CD-Aufnahme aber glücklicherweise nicht verloren.