Mit unterschiedlichen künstlerischen Herangehensweisen bringen sie Lebensgeschichten von Menschen auf die Bühne, die in der Rolle des Opfers oder des Täters mit den Aktivitäten des Geheimdienstes verbunden waren, auf die Bühne. Im Juni sind alle sechs Inszenierungen des Parallel Lives-Festivals am Staatsschauspiel Dresden zu sehen. Das Rahmenprogramm mit Publikumsgesprächen mit den beteiligten Künstlern, einer Buchpräsentation, Podiumsgesprächen mit Historikern, Netzaktivisten und Autoren schlägt den Bogen in die Gegenwart: Wie hat sich die Macht der Geheimdienste in den letzten Jahren verändert? Welchen Einfluss haben diese heute? Wie sieht es mit der Freiheit des Einzelnen im digitalen Zeitalter aus? Wie viel Überwachung in seiner digitalen Kommunikation verträgt der Mensch? Wie schützen wir unsere Persönlichkeitsrechte?
Eröffnet wird das Festival im Kleinen Haus 1 am 19. Juni um 18:00 Uhr mit Berthold Franke (Leiter Goethe-Institut, Prag) und Wilfried Schulz (Intendant, Staatsschauspiel Dresden). Die Eröffnungsrede hält der Autor Ilija Trojanow unter dem Titel Wissen und Gewissen. Im Schattenreich der Überwachung. Im Anschluss sehen Sie die Sputnik Shipping Company aus Budapest mit ihrer Produktion Reflex von Péter Závada in der Regie von Dániel D. Kovács (In ungarischer Sprache mit dt. Übertiteln).
Um 21:00 Uhr gibt es im Kleinen Haus Mitte die Buchpremiere und ein Podiumsgespräch „Parallele Leben – ein Dokumentar-Theaterprojekt zum Geheimdienst in Osteuropa“. Herausgegeben von Theater der Zeit und dem Goethe-Institut. Mit: Ján Šimko (Kurator, Internationales Theaterfestival Nitra), Jana Binder (Leiterin Goethe-Institut Bratislava), Gianina Cărbunariu, (Dramatikerin und Regisseurin), Daniel Kovács (Regisseur) und Péter Závada (Dramatiker). Moderation: Lena Schneider (Theater der Zeit).
Die weiteren Produktionen sind Meine Akte und ich, Regie Clemens Bechtel (Dresden), Tipografic majuscul (Schrift in Großbuchstaben) von Gianina Cǎrbunariu (Bukarest), Toufar, Kammeroper von Petr Zelenka undAleš Bŕezina (Prag), (Na)sleduj ma ((Ver)folge mich) von Tomasz Kireńczuk und Radek Rychcik (Krakau) sowie Vnútro vnútra (Das Innere des Innern) von L’ubomír Burgr und Dušan Vicen (Bratislava).
Außerdem steht vom 19. bis 22. 6. ab 10:00 bis 22:00 Uhr Radioortung – 10 Aktenkilometer Dresden, ein begehbares Stasi-Hörspiel von Rimini Protokoll, erneut auf dem Spielplan. Und die Galerie Neue Meister stellt anlässlich des Festivals vom 3. 6. bis 6. 7. erstmals die Arbeit Hundewege. Index eines konspirativen Alltags (2012) von Jens Klein vor. Für die Serie von 30 Schwarz-Weiß-Fotografien verwendete Klein Überwachungsfotos aus der Stasi-Unterlagenbehörde.
Parallel zum Festival läuft die Ringvorlesung Digitale Schwellen. Freiheit und Privatheit in einer digitalisierten Welt (seit 23. April immer mittwochs im Kleinen Haus Mitte). Eine Veranstaltung von weiterdenken Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen in Kooperation mit dem Lehrstuhl Datenschutz und Datensicherheit an der TU Dresden und dem Staatsschauspiel Dresden.
Außerdem wird ein MDR FIGARO-Café veranstaltet, im Vorfeld des Festivals am 15. Juni um 16:00 Uhr im Schauspielhaus: Von der Stasi bis zur NSA – die sich wandelnde Macht der Geheimdienste Mit: Berthold Franke (Institutsleiter Goethe-Institut Prag), Roland Jahn (Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR), Hans-Christian Ströbele (MdB). Moderation: Thomas Bille. Die Veranstaltung wird live im Hörfunk übertragen.
Gefördert durch Kooperationspartner weiterdenken Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen; Heinrich-Böll-Stiftung Berlin; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister, Albertinum; Verlag Theater der Zeit
Schauspielhaus Theaterstraße 2, 01067 Dresden Kleines Haus Glacisstraße 28, 01099 Dresden
Telefon +49.351.49 13 – 50, Karten unter: +49.351.49 13 – 555, Internet: www.staatsschauspiel-dresden.de
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Programm im Einzelnen:
19. Juni 2014
19:00 – 20:30 Uhr, Kleines Haus 1
Sputnik Shipping Company, Budapest
Reflex von Péter Závada. Regie: Dániel D. Kovács
In ungarischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Das Festival wird eröffnet mit dem Stück des ungarischen Drehbuchschreibers Péter Závada und des Regisseurs Dániel D. Kovács. Der kafkaeske Systemthriller basiert auf der Geschichte der Psychologin R. Z., die das Regime zu einer Psychiatrie-Patientin machte. In Reflex wird die Psychiatrie zur Metapher einer kommunistischen Gesellschaft, wo paranoid sein nicht hieß, dass nicht wirklich jemand hinter einem her war. „Auf bösartige Weise lustig.“ F.A.Z.
21:00 – 22:00 Uhr Kleines Haus Mitte, Eintritt frei!
Buchpremiere und Podiumsgespräch „Parallele Leben – ein Dokumentar-Theaterprojekt zum Geheimdienst in Osteuropa“ Herausgegeben von Theater der Zeit und Goethe-Institut
Mit: Ján Šimko (Kurator, Internationales Theaterfestival Nitra), Jana Binder (Leiterin Goethe-Institut Bratislava), Gianina Cărbunariu (Dramatikerin und Regisseurin), Daniel Kovács (Regisseur) und Péter Závada (Dramatiker). Moderation: Lena Schneider (Theater der Zeit)
20. Juni 2014
18:00 – 19:45 Uhr, Kleines Haus 3, Die Bürgerbühne Dresden
Meine Akte und ich Eine Recherche über die Staatssicherheit in Dresden
Regie: Clemens Bechtel. Mit englischen Übertiteln
Im Anschluss Publikumsgespräch
In der Inszenierung Meine Akte und ich lädt Regisseur Clemens Bechtel neun Dresdner Bürgerinnen und Bürger, die Erfahrung mit Akten der Staatssicherheit haben, auf die Bühne. Die Staatssicherheit der ehemaligen DDR zeichnete vor allem durch die Akribie aus, mit der Menschen und ihre Lebensgeschichten beobachtet wurden. Inwiefern sich der heutige Blick auf diese Akten zu damals unterscheidet, untersucht der Regisseur zusammen mit seinem Ensemble in einem ergreifenden Stück Zeitgeschichte.
21:00 – 22:30 Uhr, Kleines Haus 2
dramAcum und Divadlo Odeon, Bukarest
Tipografic majuscul (Schrift in Großbuchstaben)
Text und Regie: Gianina Cǎrbunariu. In rumänischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Im Anschluss Publikumsgespräch
In der rumänischen Produktion Tipografic majuscul (Schrift in Großbuchstaben) rebelliert ein 16-jähriger Schüler: In mit Kreide auf Häuserwände geschriebenen Parolen forderte er 1981 Freiheit und die Respektierung der Menschenrechte. Die Securitate setzte alles daran, den Verfasser der Zeilen zu finden. Die Regisseurin und Autorin Gianina Cǎrbunariu erzählt die tragisch-dramatische Geschichte dieses jungen Widerstandskämpfers.
21. Juni 2014
11:00 Uhr Albertinum, Schaukabinett Galerie Neue Meister
Kunstgespräch zu „Hundewege“ Ausstellung von Jens Klein
18:00 – 19:20 Uhr, Kleines Haus 1
Opera Národní divadlo und Národní divadlo, Prag
Toufar Doku-Oper von Aleš Březina. Regie: Petr Zelenka
In tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Im Anschluss Publikumsgespräch
Petr Zelenka inszeniert in der dokumentarischen Kammeroper Toufar – nach dem Drehbuch und der musikalischen Komposition von Aleš Březina – die Geschichte des Priesters Josef Toufar. Ihm wurde vorgeworfen, während eines Gottesdienstes ein Wunder vorgetäuscht zu haben. Die Beamten des kommunistischen Staatssicherheitsdienstes missbrauchten dieses angebliche Vorkommnis für ihren Feldzug gegen die Kirche. Mit der renommierten Sopranistin Soňa Červená und dem Kühn-Kinderchor.
20:00 – 21:00 Uhr, Kleines Haus 3
Teatr Nowy, Krakau
(Na)sleduj ma ((Ver)folge mich) von Tomasz Kireńczuk und Radek Rychcik
Regie: Radek Rychcik. In polnischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Im Anschluss Publikumsgespräch
In (Na)sleduj ma ((Ver)folge mich) lassen Tomasz Kireńczuk und Radek Rychcik zwei Lebenswelten aufeinanderprallen: Oberst Józef Schiller, einst aktiver Mitarbeiter des Krakauer Geheimdienstes, trifft auf eine junge französisch-jüdische Schauspielerin mit polnischen Wurzeln, Tochter eines Dissidenten. Die historische Figur, Oberst Schiller, wird von einem Schauspieler verkörpert, Ada, die junge Schauspielerin, spielt sich selbst. Es ist die Auseinandersetzung eines Überwachers und einer Überwachten, eines Vernehmenden und einer Vernommenen, eines Verfolgers und einer Verfolgten.
22:00 – 24:00 Uhr Kleines Haus Mitte, Eintritt frei!
Podiumsgespräch „Überwachung heute – Stasi, Verfassungsschutz, NSA – Alles eins?“
Mit: Anna Roth (Netzaktivistin, Journalistin), Stefan Wolle (Historiker, DDR-Museum Berlin).
Moderation: Christian Römer (Heinrich Böll-Stiftung, Berlin)
22. Juni 2014
16:00 Uhr Albertinum, Schaukabinett Galerie Neue Meister
Kunstgespräch zu „Hundewege“ Ausstellung von Jens Klein
18:00 – 19:45 Uhr, Kleines Haus 2
Divadlo skRAT, Bratislava
Vnútro vnútra (Das Innere des Innern) Text und Regie: L’ubomír Burgr und Dušan Vicen
In slowakischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Im Anschluss Publikumsgespräch
Der Tod des Priesters Přemysl Coufal im Februar 1981 wurde von den Ermittlern schnell als ein Fall von Selbstmord abgeschlossen, obwohl die Indizien dagegen sprachen. Versuche der Familie, die Akten nach der Wende 1991 wieder zu öffnen, scheiterten. Der Journalist Marcel Samuhel fand schließlich heraus, dass Coufal ein Doppelagent war, gleichzeitig Mitglied der Untergrundkirche und der slowakischen Stasi. 1993 verschwand Samuhel spurlos. L’ubomír Burgr und Dušan Vicen wollen in Vnútro vnútra (Das Innere des Innern) von der „schizophrenen Angst erzählen, die uns immer noch beherrscht.“
20:00 – 22:00 Uhr Kleines Haus Mitte, Eintritt frei!
Podiumsgespräch „Was sagen uns die Akten?“
Mit: Ilija Trojanow (Autor), Jens Klein (Fotograf) und Uta Leichsenring (BStU Halle).
Moderation: Stefan Schönfelder (weiterdenken Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen)
AUßERDEM
Im Vorfeld des Festivals findet am 15. Juni um 16:00 Uhr im Schauspielhaus ein MDR FIGARO-Café statt: Von der Stasi bis zur NSA – die sich wandelnde Macht der Geheimdienste Mit: Berthold Franke (Institutsleiter Goethe-Institut Prag), Roland Jahn (Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR), Hans-Christian Ströbele (MdB). Moderation: Thomas Bille. Die Veranstaltung wird live im Hörfunk übertragen.
Von Do 19. bis So 22.6. von 10:00 bis 16:00 Uhr und 17:00 bis 22:00 Uhr steht Radioortung – 10 Aktenkilometer Dresden, ein begehbares Stasi-Hörspiel von Rimini Protokoll, erneut auf dem Spielplan. Mit Stadtplan und GPS-Handy ausgerüstet, steuern die Besucher auf dem Stadtplan verzeichnete Orte an, werden dort per GPS geortet und empfangen automatisch die Hörspielaufnahmen. Der Tourstart ist im Kleinen Haus, die Zeit frei wählbar.
Anlässlich des Theaterfestivals stellt die Galerie Neue Meister vom 3.6. bis 6.7. erstmals die Arbeit Hundewege. Index eines konspirativen Alltags (2012) von Jens Klein vor. Für die Serie von 30 Schwarz-Weiß-Fotografien verwendete Klein (*1970 in Apolda) Überwachungsfotos aus der Stasi-Unterlagenbehörde.
www.staatsschauspiel-dresden.de