Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Oper Wuppertal: ›Tannhäuser‹ von Richard Wagner Oper Wuppertal: ›Tannhäuser‹ von Richard Wagner Oper Wuppertal:...

Oper Wuppertal: ›Tannhäuser‹ von Richard Wagner

Premiere: So. 6. März 2022, 18 Uhr, Opernhaus

In Form eines Sängerkriegs auf der Wartburg erzählt Richard Wagners Oper ›Tannhäuser‹ vom gescheiterten Versuch der Wiedereingliederung eines rebellischen Außenseiters in die Gesellschaft. Gleich zweimal entfernt sich der Titelheld aus seinem sozialen Umfeld. Im sexuell aufgeladenen Milieu der Venus wird er nicht heimisch.

 

Copyright: Kalinkin

Und die moralischen Schranken seiner eigenen Szene machen eine erfolgreiche Rückkehr in diese und zu Elisabeth unmöglich. Da bleibt ihm nur die Flucht in die Religion. Zwei Gesellschaften existieren nebeneinander, aber berühren sich wie parallele Geraden erst in der Unendlichkeit. Die Träumerei von einem anderen, gemeinsamen Leben zersplittert und am Ende bleiben die Hauptfiguren allein. Da verhallt im Hier und Heute auch jedes göttliche Machtwort unerhört.

Sieben Jahre nach der letzten Wagner-Produktion in Wuppertal gibt Generalmusikdirektor Patrick Hahn mit der Premiere von ›Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg‹ seinen Einstand am Dirigierpult der Oper Wuppertal. Regisseur Nuran David Calis’ politische Lesart des Tannhäuser-Stoffes verlagert die höfische Gesellschaft der Wartburg in eine Umgebung, für die die Kölner Keupstraße Pate gestanden haben könnte. So steht immer dringlicher die Frage im Raum, was heute unter einer »deutschen Gesellschaft« zu verstehen ist, wie sie Richard Wagner in seinem Werk porträtiert.

Ein besonderes Unterfangen in Pandemiezeiten ist die Anzahl der Beteiligten, die mit maximal 80 Personen auf der Bühne und 70 Personen im Graben endlich wieder ein ergreifendes Opernerlebnis schaffen. Live-Projektionen von drei Kameras greifen vielfache Perspektiven auf und lassen die Figuren im Zusammenspiel sternförmig agieren. Dadurch verdichtet sich die Handlung und ein intensivier Blick ins Innenleben der Akteure wird möglich.

Der Regisseur Nuran David Calis wurde als Sohn armenisch-jüdischer Einwanderer aus der Türkei in Bielefeld geboren und spiegelt biografisch auch Tannhäusers Existenz zwischen mehreren Welten wider. Er arbeitet als Regisseur, Theater- und Drehbuchautor. 2008 kam sein erster Spielfilm ›Meine Mutter, mein Bruder und ich!‹ in die Kinos, 2010 verfilmte er für das ZDF Frank Wedekinds ›Frühlings Erwachen‹ und 2012 Georg Büchners ›Woyzeck‹. Großes Aufsehen erregte seine Arbeit ›Die Lücke – Ein Stück Keupstraße‹ am Schauspiel Köln, die er anlässlich des 10. Jahrestages des Nagelbombenanschlages in der Kölner Keupstraße zusammen mit Anwohnern und Betroffenen entwickelte. Wuppertals ›Tannhäuser‹ ist seine erste abendfüllende Operninszenierung.

Bei den meisten Hauptpartien handelt es sich um Rollendebüts. Der weltweit gefragte Tenor Norbert Ernst gibt erstmals Tannhäuser, Guido Jentjens ist als Landgraf zu erleben und die US-Amerikanerin Julie Adams steht kurz nach ihrem Europadebüt erstmals als Elisabeth auf der Bühne. Die Britin Allison Cook rundet als Venus das Gästeensemble ab. Alle weiteren Rollen werden aus dem Wuppertaler Opernsensemble gestellt, u. a. mit Simon Sticker als Wolfram von Eschenbach.

›Tannhäuser‹
Romantische Oper in drei Akten von Richard Wagner. In deutscher Sprache mit Übertiteln.

Musikalische Leitung: Patrick Hahn
Inszenierung: Nuran David Calis
Bühne: Anne Ehrlich
Kostüme: Anna Sünkel
Choreografie: Matteo Marziano Graziano
Chor: Ulrich Zippelius
Dramaturgie: Marc von Reth

Besetzung:
Hermann, Landgraf von Thüringen: Guido Jentjens
Tannhäuser: Norbert Ernst
Wolfram von Eschenbach: Simon Stricker
Walther von der Vogelweide: Sangmin Jeon
Biterolf: Sebastian Campione
Heinrich der Schreiber: Mark Bowman-Hester
Reinmar von Zweter: Timothy Edlin
Elisabeth, Nichte des Landgrafen: Julie Adams
Venus: Allison Cook
Ein junger Hirt: Knabensolist der Chorakademie Dortmund
Edelknaben: Kinderchor der Wuppertaler Bühnen

Opernchor der Wuppertaler Bühnen
Extrachor der Wuppertaler Bühnen
Statisterie der Wuppertaler Bühnen
Sinfonieorchester Wuppertal

Weitere Termine:
Fr. 11. März 2022, 18 Uhr, Opernhaus
So. 27. März 2022, 18 Uhr, Opernhaus
Sa. 30. April 2022, 18 Uhr, Opernhaus
So. 26. Juni 2022, 18 Uhr, Opernhaus
Weitere Informationen unter oper-wuppertal.de/tannhauser

Tickethotline: +49 202 563 7666
info@kulturkarte-wuppertal.de
KulturKarte, Kirchplatz 1, Wuppertal

 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 19 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

NICHT AUF DEN LITURGISCHEN BEREICH BESCHRÄNKT --- Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik

Anders als die frühe d-Moll-Messe blieb die 1866 in Linz komponierte e-Moll-Messe nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt. Die alten Kirchentonarten stehen bei der Messe in e-Moll von Anton…

Von: ALEXANDER WALTHER

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑