
Als überraschend ihre alte Freundin Kristine Linde zurück in die Stadt kommt und Nora sich endlich jemandem anvertrauen kann, wird bald klar, dass sie das Geld keineswegs braucht, um große Geschenke für die Kinder oder teure Kleider zu kaufen. Im Gegenteil: Da Torvald einige Jahre zuvor schwer erkrankt war und nur eine kostspielige Kurreise ihm helfen konnte, hatte Nora ohne Torvalds Wissen bei ihrem Bekannten Krogstad hohe Schulden aufgenommen, die sie mit sparsamer Haushaltsführung und kleineren Nebenverdiensten nur mühsam zurückzahlen kann. Der neue Geldsegen könnte für sie also das Ende der Schulden und damit der Geheimnisse bedeuten.
Doch Krogstad versucht wenig später, seinen Einfluss auf Nora auszunutzen: Sie soll ihm eine Stelle in der Bank verschaffen, sonst erzählt er ihrem Mann von dem Schuldschein – und der Tatsache, dass sie darauf eine Unterschrift gefälscht hat. Torvald weigert sich jedoch, und zwar nicht nur, weil die Stelle bereits Frau Linde versprochen ist, sondern auch, weil Krogstad selbst wegen Unterschriftenfälschung in Verruf geraten war und Torvald seinen eigenen Ruf nicht gefährden will. Und so findet sich Nora in einer scheinbar ausweglosen Situation wieder und muss lernen, ihre anerzogene Passivität abzulegen. Dabei findet sie nicht nur einen radikalen Ausweg aus ihrem Dilemma, sondern erkennt auch, dass das »Puppenhaus«, in dem sie bisher mit Torvald gelebt hat, eher einem Käfig gleicht.
Ibsen hat mit seinem 1875 erschienenen Stück eine scharfe Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen geschrieben, die Frauen damals einengten und auf die Position der Ehefrau und Mutter reduzierten. Bis heute zeigt der Text Wege auf, um sich aus dominanten, toxischen Beziehungsmustern und sozialen Rollen zu befreien und selbst zu ermächtigen.
Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel
Regie
Marcel Gisler
Bühne
Thomas Rump
Kostüme
Ilka Kops
Choreografie
Felicitas Madl
Dramaturgie
Sonja Bachmann
Mit: Gabriel von Berlepsch, Marco Matthes, Volker Muthmann, Andrea Strube, Gaia Vogel