
Das solistische Hervortreten der Einzelinstrumente trat leuchtend in den Vordergrund - und auch der geheimnisvolle Hang zum Transzendentalen kam nicht zu kurz. Das Netz neuartiger Polyphonie zog sich bei dieser feingliedrigen Interpretation immer nuancierter zusammen, weil die Themen sich kammermusikalisch-durchsichtig übereinander schichteten. Die Melodielinie trat immer wieder sehr deutlich und ergreifend in den Vordergrund. In diesem Spiel der Arabesken stachen insbesondere die einzelnen Akkorde facettenreich hervor. Schwermütig und resigniert klang hier das Hauptthema des ersten Satzes Andante comodo. Die fahlen, wesenlosen Klänge erhielten aber immer deutlichere Konturen. Immer neue Glieder behaupteten sich bis zur leidenschaftlichen Erregung. Ein heftiges, erschütterndes Ringen hob an, ein Kampf um Leben und Tod. Der jugendliche Enthusiasmus des Bundesjugendorchesters imponierte schon bei den ersten Takten - und der umsichtige Dirigent Alexander Shelley hatte alles im Griff.
Der Absturz folgte mit grausiger Wucht, schmerzlich klagte ein Trauermarsch. Zuletzt gefielen die zarten Glissando-Figuren der Violine. Der zweite Satz, im Tempo eines "gemächlichen Ländlers", überzeugte ganz im Sinne Paul Bekkers mit geradezu dämonischer Wildheit und nie nachlassender Energie. Die Themen glitten ins Grelle und Krasse, wirkten aber nie brutal. Wienerisch-romantischer Schwung trat feinsinnig hervor. "Eine Selbstverhöhnung des Künstlers...von ätzender Weltverachtung" nannte Bekker die anschließende Rondo-Burleske, bei dem das starke Horn und die etwas schwächere Trompete hervortraten. Insgesamt imponierten die dynamischen Abstufungen bei diesem Satz ebenso wie die grotesken Erinnerungen an Mahlers fünfte Sinfonie. Und das Feierlich-Mystische des Adagio-Finales mit dem Des-Dur-Beginn der Violinen gewann eine immer größere Intensität - wirkungsvoll unterbrochen von einem cis-Moll-Thema. Wahrhaft bewegend und ersterbend verklang der Schlussakkord in Des-Dur.
Die Spielkultur des Bundesjugendorchesters war hier wahrhaft großartig. Der Morendo-Abgesang besaß ausgezeichnete Wirkung. Verklärung und Erlösung rückten in den Vordergrund. Shelley wählte rasche Tempi, vermied ein Zeitlupentempo im Stil von Carlo Maria Giulini.
Jubel, Begeisterung, "Bravo"-Rufe.