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"Hiob" nach dem Roman von Joseph Roth - Schauspielhaus Graz

PREMIERE am 17. November, 19.30 Uhr, HAUS EINS

Der fromme Jude Mendel Singer fristet mit seiner Frau und den vier Kindern ein bescheidenes Dasein als Lehrer in Zuchnow, einem Schtetl im zaristischen Russland. Der jüngste Sohn, Menuchim, leidet an Epilepsie, doch mangelt es an Geld für eine Behandlung. Zudem ist Mendel wegen seines strengen Glaubens und Zutrauens in Gott überzeugt, dass dieser allein über eine mögliche Heilung entscheiden wird.

Die Jahre ziehen ins Land und die Kinder wachsen heran: Jonas, der Älteste, drängt zur Armee und sehnt sich danach, später ein einfaches Leben als Bauer zu führen; Schemarjah, der Zweite, will in die große Welt hinaus und flüchtet vor dem Militärdienst nach Amerika; Mirjam, die Tochter, treibt sich herum und lässt sich – zum Entsetzen ihres Vaters – mit Kosaken ein, und Menuchim spricht nach wie vor nicht mehr als ein einziges Wort.

Da kommt die Einladung von Schemarjah, nunmehr als Sam erfolgreicher Kaufmann, ihm in die USA zu folgen. Um Mirjam zu „retten“, trifft Mendel die Entscheidung zu emigrieren, auch wenn das bedeutet, Menuchim zurücklassen zu müssen – die Neue Welt würde ihn nicht einlassen. Doch anstatt dort ein besseres Leben zu führen, findet sich Mendel nicht zurecht, bleibt fremd und fühlt sich seiner selbst entrückt. Als dann noch das Schicksal unaufhörlich zuschlägt und ihm Frau, Sohn und Tochter raubt, wird Mendels bis dahin unerschütterlicher Gottesglaube auf eine harte Probe gestellt …

Joseph Roth behandelt in seinem 1930 erschienenen Roman „Hiob“ ein zeitloses Thema: Migration. Er erzählt eine Geschichte von der Flucht aus unleidlichen Lebensbedingungen und der Hoffnung auf bessere Möglichkeiten. Von den Fesseln der Tradition und den Verlockungen neuer Welten. Von Emigration und Assimilation. Und von Glaube und Verzweiflung. Schließlich klingt bereits im Titel die alttestamentarische Geschichte von Hiob, dem von Gott geprüften Dulder, an. Ein solcher, modernerer Hiob ist Mendel Singer: ein einfacher Mann, passiv in seiner Gottergebenheit, der schließlich, vom Schicksal hart geschlagen, Gott durch Frömmigkeitsverweigerung zwingen will, ihn zu erretten – und am Ende ein Wunder erlebt.

Der ungarische Regisseur András Dömötör, dessen Inszenierung von Ferdinand Schmalz’ „der thermale widerstand“ in der Spielzeit 2016 .2017 in HAUS ZWEI zu sehen war, wird sich diesem Klassiker der österreichischen Literatur mit frischem Blick nähern und damit sein Debüt auf der großen Bühne des Schauspielhauses geben. 

Joseph Roth, dessen Vorname Moses lautet, wurde 1894 in Ostgalizien an der Grenze zu Russland im damaligen Österreich-Ungarn in eine jüdische Kaufmannsfamilie geboren. Er studierte Germanistik in Wien und schrieb zunächst für Zeitungen in Wien und Berlin. Als Starjournalist bereiste er Osteuropa, Deutschland und Italien. 1933 übersiedelte er nach Frankreich ins Exil. Der schwere Alkoholiker starb 1939 an einer doppelseitigen Lungenentzündung in Paris. Die Motive des frühen Verlustes des Vaters bzw. des Vaterlandes sind Gegenstand zahlreicher Werke. „Hiob“, der den Untertitel „Roman eines einfachen Mannes“ trägt, erschien 1930 und wurde 2008 von dem belgischen Dramaturgen Koen Tachelet in eine vielgespielte Theaterfassung für die Bühne adaptiert.

Zum Regisseur

András Dömötör, 1978 in Ungarn geboren, ist Regisseur am Katona József Theater und Schauspiellehrer an der Theaterakademie in Budapest. 2007 erhielt er sein Regiediplom. Seit 2013 arbeitet er vermehrt an deutschsprachigen Bühnen. Er ist besonders an zeitgenössischen Stücken und Themen und an der Rolle, die das Theater in der Gesellschaft spielt, interessiert. Er wurde von der ungarischen Theaterkritik als das „vielversprechendste Nachwuchstalent des Theaters“ ausgezeichnet.

Dömötör inszenierte zuletzt am Katona József Theater Budapest („Terror“ von Ferdinand von Schirach), am Maxim Gorki Theater Berlin (u. a. „Mephistoland“, das beim Dramatiker|innenfestival im Juni 2016 in Graz zu sehen war), am Badischen Staatstheater Karlsruhe und am Deutschen Theater Berlin („König Ubu“). Am Schauspielhaus Graz inszenierte er 2015.2016 die 4-teilige Theaterserie „Vigyázat, Szomzéd! – Vorsicht, Nachbar!“

Fassung von Koen Tachelet

Regie András Dömötör

Bühne und Kostüme Eszter Kalman

Musik Elmira Bahrami, Tamás Matkó

Licht Viktor Fellegi

Dramaturgie Elisabeth Geyer

Mit Florian Köhler, Franz Solar: MENDEL SINGER / MENUCHIM

Susanne Konstanze Weber: DEBORAH

Raphael Muff: SCHEMARJAH (SAM)

Tamara Semzov: MIRJAM

Ferdinand Seebacher: JONAS

Fredrik Jan Hofmann: MAC

UND Elmira Bahrami

weitere Vorstellungen am 21., 22., 25. und 29. November, am 1., 15., 21. und 27. Dezember, am 3. und 4. Februar (15 Uhr), u.a., HAUS EINS

Tickets

T 0316 8000, F 0316 8008-1565, E tickets@ticketzentrum.at

I www.schauspielhaus-graz.com

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