Mit der historischen Figur hat die Titelfigur der Oper jedoch nur noch wenig zu tun. Die Liebe Léonores zum König entpuppt sich in der Oper als Farce. Sie zögert nicht lange, um sich für den jungen Fernand zu entscheiden, der ihretwegen dem Klosterleben in Santiago de Compostela entflohen ist. Doch er weiß nicht um ihre Identität als Mätresse, so dass er und sie nur allzu leicht Opfer im intriganten Machtkampf zwischen Kirche und Staat werden. Am Ende bleibt den beiden nicht einmal mehr die Hoffnung auf eine gemeinsame bessere Zukunft nach dem Tod. Léonore stirbt, Fernand bleibt zwar im Kloster zurück, doch die Idee von Gott und Erlösung bleibt das Werk den beiden schuldig.
Donizetti schrieb La Favorite in nur acht Wochen für die Pariser Oper. Er übernahm den Großteil des Werks aus seiner fast fertiggestellten Oper L’Ange de Nisida, veränderte jedoch Gesangslinien und einzelne Tonfolgen. Er komponierte zwei neue Arien für Alphonse und zwei weitere Arien für Léonor, darunter die berühmte „O mon Fernand“. Obwohl der Komponist all diese Modifikationen und Neuordnungen vornahm, gelang es ihm, eine Oper von stilistischer Einheit zu kreieren. Von der Dramaturgie her gleicht La Favorite vielen französischen Opern jener Epoche: leidenschaftliche Helden geraten in ungünstige Situationen, auf die sie selbst keinen Einfluss mehr nehmen können. Die musikalische Qualität der Oper hebt sich jedoch deutlich von diesen ab. Die Ouvertüre, die Stimmungsbilder, das Spektrum an klanglicher Raffinesse und die Kreativität der gesamten Partitur zeigen den Komponisten auf der Höhe seiner Kunstfertigkeit.
Die letzte Neuinszenierung von Gaetano Donizettis La Favorite an der Bayerischen Staatsoper liegt mehr als 100 Jahre zurück. Regisseurin Amélie Niermeyer gibt mit dieser Premiere ihr Hausdebüt.
Libretto von Alphonse Ryoyer, Gustav Vaëz und Eugène Scribe
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln | Neuproduktion
Musikalische Leitung
Karel Mark Chichon
Amélie Niermeyer
Alexander Müller-Elmau
Kostüme
Kirsten Dephoff
Michael Bauer
Choreographische Mitarbeit
Ramses Sigl
Dramaturgie
Rainer Karlitschek
Chor
Sören Eckhoff
Léonor de Guzman
Elīna Garanča
Fernand
Matthew Polenzani
Alphonse XI
Mariusz Kwiecien
Balthazar
Mika Kares
Don Gaspard
Joshua Owen Mills
Inès
Elsa Benoit
Bayerisches Staatsorchester
Chor der Bayerischen Staatsoper