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Ein Künstlerleben

"Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss in der Deutschen Oper am Rhein

 

Von ihrem Geliebten Theseus verlassen, sitzt Ariadne trauernd auf Naxos und sehnt den Tod herbei, bis sie von Gott Bacchus begehrt wird und neue Freude erfährt. So kurz ließe sich der Inhalt der Oper "Ariadne auf Naxos" beschreiben, hätten Richard Strauss und Hugo von Hoffmannsthal nicht ihre Erfahrungen mit der Uraufführung 1912 in Stuttgart in ein Vorspiel einfließen lassen. Die Aufführung der Kammeroper "Ariadne" fand dort im Rahmen von Molières "Der Bürger als Edelmann" statt. Es gab einen langandauernden königlichen Empfang, der ermüdete, und es gab Probleme mit der Technik. Die Einbettung in Molières Komödie erwies sich ebenfalls als nicht so glücklich. In der dann 1916 zur Uraufführung gelangten, überarbeiteten Fassung wird falsch verstandenes Mäzenatentum ironisiert, das von wenig Kunst- und Menschenverständnis zeugt, aber auch die kleinen und großen Eitelkeiten der Kunstschaffenden. So ist "Ariadne auf Naxos" keine heroische Oper, sondern vielmehr ein Stück über das Theater auf dem Theater.

 

Der beleidigte Komponist (Maria Kataeva) fühlt sich und seine Arbeit nicht wertgeschätzt als er erfährt, dass nach der Aufführung seines Werkes ein heiteres Nachspiel geplant ist. Doch es kommt noch schlimmer: der Auftraggeber fordert alsbald, dass beide Stücke, das heitere und das tragische, gleichzeitig zu geben seien. Beide Parteien haben die vereinbarte Bezahlung dringend nötig, so dass ihnen keine andere Wahl bleibt, als auf diese abstruse Idee einzugehen. Zunächst rivalisierend, mischt sich später die muntere Commedia dell' Arte-Truppe mit den ernsthaften Opernsängern ein.

 

In der Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf für die Deutsche Oper am Rhein herrscht zu Beginn auf der Bühne geschäftiges Treiben, die Sänger versammeln sich in Alltagskleidung der 1960er Jahre in der Garderobe, die auf der Bühne durch einen Paravent mit einem Bildmotiv von Gert Wollheim markiert ist. Die Musiker proben im Hintergrund der Bühne hinter einem Gazevorhang mit einem Aufdruck der "Toteninsel" von Arnold Böcklin. Volle Saalbeleuchtung, im Programmheft wird 'Ariadne auf Naxos' "heute mit: 'Die ungetreue Zerbinetta & ihre vier Liebhaber' angekündigt. Die Zuschauer sind sich noch unsicher, ob die Vorstellung schon begonnen hat, werden allmählich, fast unmerklich in die Handlung hineingezogen, sind aber auch Teil der Inszenierung selbst. Der Haushofmeister agiert aus den Publikumsreihen heraus, im zweiten Teil nehmen der Mäzen und seine Gäste in der ersten Reihe Platz und fungieren damit auch als Zuschauer. Dietrich W. Hilsdorf spinnt also das Spiel im Spiel mit den Zuschauern weiter und erreicht eine gelungene Leichtigkeit.

 

Karine Babajanyan als trauernde, verhärtete Ariadne hat es schwer gegen die quirlige Elena Sancho Pereg anzukommen, die als Zerbinetta mit einer sagenhaften, wunderbar leicht gesungenen Koloraturarie auftrumpfen kann. Sie ist geradezu eine Idealbesetzung, kokettiert, schmeichelt, fällt in den Spagat, schlägt Rad und entzückt mit ihrer Koboldhaftigkeit. Aber auch alle anderen Sänger füllen ihre Rollen perfekt aus. So ist es denn kein Wunder, dass das Publikum von dieser hinreißend spritzigen Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf und ihren Darstellern ganz und gar begeistert war und die Aufführung mit lang anhaltendem Applaus feierte.

 

ARIADNE AUF NAXOS von Richard Strauss

Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel von Hugo von Hofmannsthal

 

Musikalische Leitung: Axel Kober

Inszenierung: Dietrich W. Hilsdorf

Bühne: Dieter Richter

Kostüme: Renate Schmitzer

Licht: Volker Weinhart

Dramaturgie: Bernhard F. Loges

 

Der Haushofmeister: Peter Nikolaus Kante

Ein Musiklehrer: Stefan Heidemann

Der Komponist: Maria Kataeva

Ein Tanzmeister: Florian Simson

Ariadne: Karine Babajanyan

Bacchus: Roberto Saccà

Najade: Elisabeth Selle

Echo: Lavinia Dames

Dryade: Iryna Vakula

Zerbinetta: Elena Sancho Pereg

Harlekin: Dmitri Vargin

Brighella: Cornel Frey

Scaramuccio: Bruce Rankin

Truffaldin: Bogdan Talos

Ein Offizier: Hubert Walawski

Ein Perückenmacher: Attila Fodre

Ein Lakai: Lukasz Konieczny

Orchester: Düsseldorfer Symphoniker

 

Premiere 27.09.2014 - Opernhaus Düsseldorf

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