Die neuen Bewohner verkaufen in den schlimmen Jahren nach der Perestroika alles Mobiliar und schlagen sich irgendwie durch. Doch zehn Jahre später kündigt sich Besuch aus Amerika an: Tanja. Mit ihr wird die Angst der Bewohner, aus der Wohnung geworfen zu werden, real, und es prallen zwei Welten aufeinander: die Daheimgebliebenen und der verheißungsvolle, strahlende Westen in Gestalt der Bonzentochter. Aber für Tanja ist an eine Heimkehr ohne wirklichen Neuanfang nicht zu denken.
Der russische Dramatiker und Regisseur Nikolaj Koljada umspielt in Die Polonaise von Oginski die Illusionen und Ängste vor einer notwendigen Veränderung. Jede tiefe Krise – sei sie politischer, gesundheitlicher, beruflicher, persönlicher oder sozialer Natur – fordert Menschen heraus, ihr Leben und Handeln in Frage zu stellen, Vertrautes gegebenenfalls schmerzvoll zurückzulassen und sich für Neues zu öffnen. Andernfalls drohen Erstarrung und Verklärung. In diesem Sinne reflektiert der italienische Regisseur Paolo Magelli gemeinsam mit seinem Team persönliche Erfahrungen nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, welcher mit dem Niedergang alternativer gesellschaftlicher Ideen zugunsten der alles beherrschenden neoliberalen kapitalistischen Ökonomie verbunden war. Zugleich misst er poetisch die innere Heimat seiner Figuren aus, einer Heimat voll mit brüchigen Hoffnungen aus einer alten Zeit.
DIE POLONAISE VON OGINSKI
Schauspiel von Nikolaj Koljada
Aus dem Russischen von Alexander Kahl
Regie: Paolo Magelli
Bühne: Lorenzo Banci
Kostüme: Leo Kulaš
Musik: Bernd Sikora
Es spielen Dirk Glodde, Katka Kurze, Andreas Manz-Kozár, Christian Schmidt, Susanne Stein und Patrick Wudtke.
Nächste Vorstellungen: 19. November und 3. Dezember, jeweils 19.30 Uhr