Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
DIE KUNST DER ALTEN MEISTER -- Uraufführung des Musicals "Der Zauberlehrling" im Kammertheater STUTTGARTDIE KUNST DER ALTEN MEISTER -- Uraufführung des Musicals "Der Zauberlehrling"...DIE KUNST DER ALTEN...

DIE KUNST DER ALTEN MEISTER -- Uraufführung des Musicals "Der Zauberlehrling" im Kammertheater STUTTGART

am 23.2.2024

Mit "Der Zauberlehrling" kehrt das Regieduo Marthe Meinhold und Marius Schötz nach Stuttgart zurück. Bei diesem abwechslungsreichen Musical steht Johann Wolfgang von Goethes Ballade vom Zauberlehrling im Mittelpunkt, der sich in Abwesenheit seines Meisters unerlaubterweise am Zaubern probiert und dabei katastrophal scheitert. Dabei bricht der Konflikt der Generationen auch in diesem Stück wieder auf, wo sich die Jugend an neuen Formen und Lebensweisen versucht.

 

Copyright: Björn Klein

So bewerben sich gleich mehrere Zauberlehrlinge beim alten Zauberer, der mit den Bewerbungen aber gar nicht zufrieden ist. Die Jugend scheitert, lernt und hofft darauf, im Alter selbst das Zauberwerk des Meisters zu vollbringen. Das Problem ist nur, dass gerade die Jugend die alten Zaubermeister zur Verantwortung ziehen will: "Mehr Leben, weniger Job". Mit der Bequemlichkeit der jungen Leute kann der alte Zaubermeister aber  wenig anfangen, er rebelliert gegen die Faulheit und Gleichgültigkeit der Jugend, schimpft auf "Casanovas" und "Internet-Scharlatane", verflucht den nicht immer funktionierenden Computer. Die Frage, welches Verhältnis sie überhaupt zur Arbeit hat, nimmt immer deutlicher Gestalt an. Die unerschrockenen Zauberlehrlinge versuchen sich sogar mit einem Schaumbad an der Kunst der alten Meister, wobei schließlich alles außer Kontrolle gerät: "Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal wegbegeben!"

Bühne und Kostüm von Florian Kiehl zeigen den Arbeitstisch des Zauberers mit Totenschädel und diversen Utensilien. Und natürlich lebt dieses Musical von der einfallsreichen Musik von Marius  Schötz. Dabei ist das Gruppengefühl ebenfalls wichtig.  Klaus Rodewald mimt den Zauberer höchst virtuos mit vielen Facetten. Und die von Noelle Haeseling, Felix Jordan und Noah Ahmad Baraa Meskina wandlungsfähig verkörperten Zauberlehrlinge besitzen ebenfalls ein unverwechselbares Charisma. Als begleitender Zauberkünstler sorgt noch Finn Talin für Furore. So gewinnt der Eingangshor "Keine Zeit für Magie" sofort Präsenz. Und wenn Noah "Forever Young" singt, erhält dieser Song viele Nuancen. Felix kann "Flieg aus dem Kessel" ebenfalls viele Klangfarben geben, die ein ganzes Lebensgefühl ausdrücken. Der Chor intoniert wiederum "Magie" mit ungeahnter Intensität. Viel Humor offenbart sich bei Noelles Lied "Ballad of a Nichtsnutz...", wo der Refrain "Und am Ende stehst du da und hast versagt" in besonderer Weise besticht.

Hinzu kommt das einfühlsame Spiel der beiden ausgezeichneten Pianistinnen Eun Chong Park und Eufemia Manfredi, die auch dem Song "Die letzte Show" von Klaus die richtige Würze geben: "Deine letzte Show, my friend. Du sagst allen Ciao, und der Himmel wird  blau, und dann gehst du stumm..." Zuletzt fliegt der Zaubermeister tatsächlich nach oben. Es ist eine seltsame Himmelfahrt, die dem Stück einen nachdenklichen Abschluss gibt. Im Programmheft ist sogar der Text "Vom Lehrling zum Meister" von Walter Benjamin aus dem Jahre 1932 zu lesen: "Denn Kinderspiel ist Arbeit, welche mäßigen Erfolg erzielt, mit der verglichen, die das Glück herbeiruft..."

Das Publikum war von der Uraufführung begeistert.
 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

DIE SONNE ALS EINHEIT -- "Sonne/Luft" von Elfriede Jelinek im Kammertheater Stuttgart

Sonne und Luft stehen im Mittelpunkt dieses vielschichtigen Stücks von Elfriede Jelinek, das den Irrungen und Wirrungen des Menschen nachgeht. Der Umgang mit der Umwelt und dem Klimawandel spielt in…

Von: ALEXANDER WALTHER

ERGREIFEND UND TIEFGRÜNDIG -- Bach-Kantaten mit der Gaechinger Cantorey im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Das vorletzte Konzert der Reihe "Vision Bach" stand unter dem Motto "Zum Himmel wandern". Unter der inspirierenden Leitung von Hans-Christoph Rademann musizierte die Gaechinger Cantorey zunächst die…

Von: ALEXANDER WALTHER

EIN HAUCH VON RENAISSANCE -- "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" von Kurt Weill und Bertolt Brecht in der Staatsoper STUTTGART

Die Inszenierung von Ulrike Schwab wartet mit einer Überraschung auf, denn das "Jüngste Gericht" von Michelangelo ist Teil des einfallsreichen Bühnenbildes von Pia Dederichs und Lena Schmid. Die…

Von: ALEXANDER WALTHER

BEWEGENDE VISUELLE STEIGERUNG -- Stuttgarter Ballett mit Tschaikowskys "Schwanensee" in der Staatsoper Stuttgart

Unsterblich ist die Choreographie John Crankos zu Peter Tschaikowskys "Schwanensee"-Ballett aus dem Jahre 1963 geworden, die jetzt wieder in Stuttgart zu sehen ist. In Bühnenbild und Kostümen von…

Von: ALEXANDER WALTHER

ZAUBER DER PANFLÖTE --- Neue CD "Impressions" bei Dabringhaus & Grimm

Als eine "Liebe auf den ersten Blick" bezeichnet Sebastian Pachel seine erste Begegnung mit der Panflöte, wovon man sich bei dieser Einspielung überzeugen kann. Für die vorliegende Aufnahme…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑