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Deutsche Erstaufführung: "Ich bin der Mann von Lolo", ein finales Fest von Antoine Jaccoud in Köln

Premiere: 28.8.09, 20 00 im Bestattungshaus Christoph Kuckelkorn, Zeughausstr. 28 – 38, 50667 Köln (Nähe Appellhofplatz)

 

André Borlat ist ein Mann in mittleren Jahren. Seit er wegen einer Mehlallergie und eines Ausschlages nicht mehr als Bäcker arbeiten kann, ist er Frührentner und verbringt seine Tage damit, Blumenausstellungen zu filmen und „ein wenig zu wichsen“.

Und vor allem schreibt er Briefe an die große Liebe seines Lebens, an Lolo Ferrari, die Frau „mit dem zweitgrößten Busen der Welt“, die er zufällig auf der Doppelseite eines Hochglanzmagazines getroffen hat. In seinem Monolog begegnen wir einem Mann und der Einsamkeit seiner Onanie auf seinem Bett und mit seinen Heftchen: Um dieser Einsamkeit ein Schnippchen zu schlagen, erzählt er sich und uns langsam in eine mythomanische Liebesgeschichte hinein, in der er vom frustrierten Bewunderer zum sorgenden Ehemann wird:

 

„... für mich sind die Brüste von Lolo, die sind eher wie kranke Kinder, wie Zwillinge, die da krank wären, und also müsste man auf sie aufpassen und sich sehr behutsam um sie kümmern, ihnen ein wenig von der Last abnehmen, so dick zu sein und nicht alleine gehen zu können... ich sprach mit ihnen, ganz leise wie man mit einem Teddybären spricht, wenn man klein ist und im Bett bleiben muss, weil man eine Angina hat...“ Er schreibt ihr Brief um Brief, und als er sie schließlich trifft, begegnen sich zwei schwarze Löcher der Einsamkeit. Und er schwankt zwischen Begierde für diese Frau mit ihren gigantischen Silikonkugeln, und dem Wunsch, sie zu beschützen und zu pflegen. Und sie geht weiter auf ihrem selbstmörderischen Weg, weil sie so sehr geliebt werden will, dass sie alles tun würde, was chirurgisch möglich ist.

 

Der Schweizer Autor Antoine Jaccoud legt seinem Protagonisten André Borlat eine direkte Sprache ohne Scham, aber auch ohne Schlüpfrigkeit in den Mund - das ist erstaunlich genug für eine Geschichte, die sich in den Vorzimmern der Pornoindustrie abspielt. Und der kleine André Borlat benutzt diese Sprache, um fast wie ein Kind die großen Fragen der Existenz zu stellen: Warum sind wir einsam? Wie können wir der Einsamkeit entrinnen? Was ist das Glück? Warum tut alles so weh? Halten wir bis zum Ende durch?

Gibt es einen Ausweg aus dem sexuellen Elend? Und vor allem und immer wieder: Was ist die Liebe? Zwischendurch redet er sich um Kopf und Kragen und um unsere Sympathie – aber dann präsentiert er wieder eine charmant-kindlichen Beobachtung, die so viel Sehnsucht beinhaltet und bei aller Komik auch so traurig ist...

 

Antoine Jaccoud, (Autor)

1957 in Lausanne geboren. Studium der Politologie, Arbeit als Journalist und Drehbuchautor. 1996 – 2005 Dramaturg des Théâtre en Flammes. „Ich bin der Mann von Lolo“ ist sein erster Theatertext und wurde in 1999 uraufführt.

 

Stefan H. Kraft (Spiel)

1966 in Freiburg geboren. Schauspieler, Regisseur und Theaterpädagoge, Gründungsmitglied von Futur3 und der FREIHANDELSZONE

 

André Erlen (Regie)

1974 in Köln geboren. Studium freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf, seit 1995 Arbeit als Schauspieler und Regisseur, Gründungsmitglied von Futur3 und der FREIHANDELSZONE

 

Regie: André Erlen

Spiel: Stefan H. Kraft

Dramaturgie: Sarah Richter

Assistenz: Judith Ouwens

Ausstattung: Petra Maria Wirth

Sounds: Michael Bölter

 

Ein Projekt von Futur3 in Zusammenarbeit mit dem THEATER IM BAUTURM und FREIHANDELSZONE zu Gast im Bestattungshaus Christoph Kuckelkorn

 

Weitere Aufführungen: 29. und 30. 8., 4. - 6. und 11.- 13. 9.09, 20 00

 

Karten: 0221.52 42 42 / www.offticket.de / 18,- (Premiere), weitere Vorstellungen: VVK 9,-/13,- | AK 11,-/16,-

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