Er, der hier nur als Besucher für drei Wochen Urlaub machen wollte, wird zum Sanatoriums-Dauergast und bleibt am Ende sieben Jahre. Thomas Mann beschreibt, wie sich in der idyllischen Natur der Schweizer Bergwelt, in der luxuriösen Beschaulichkeit des Kurlebens und in der Zurückgeworfenheit auf den eigenen Körper und dessen Funktionen die Zeit in eine absolute Gegenwart auflöst – das ist große Literatur: vergnüglich und poetisch und von zeitloser Gültigkeit.
Denn Manns Roman wirkt wie ein Psychogramm des Europas unserer Gegenwart, in dem die gesellschaftliche Solidarität bröckelt und sich das Individuum zunehmend in sich selbst zurückzieht, um mit der Bearbeitung subjektiver Krankheitssymptome auf eine unübersichtliche und unverständliche Weltlage zu reagieren. Die Krankheit ist auch ein zentrales Motiv des postfaktischen Zeitalters, das eine kranke Gesellschaft beschwört, die bedroht ist vom Krebsgeschwür der Überfremdung, geschwächt von einer pathologischen Lügenpresse und gelähmt von einer zahnlosen, anämischen Bürokratie. Und während die Werte der nationalen Identität dahinsiechen, steuert das emanzipatorische Projekt Europa geradewegs in den Untergang.
Kurz nach der Premiere des „Zauberbergs“ werden sich Ende Jänner in Davos die Mächtigen dieser Welt zum Weltwirtschaftsgipfel treffen: 2.500 CEO, Minister*innen, Staatsoberhäupter, Manager*innen von milliardenschweren Fonds. Der private Verein „World economic forum“, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Welt zu verbessern, lädt zu seinem jährlichen Gipfeltreffen, 1.500 Meter über dem Meeresspiegel.
Der Regisseur Alexander Eisenach, geboren 1984 in Ost-Berlin, brachte in der Spielzeit 2015 .2016 mit den „Frequenzen“ nach dem Roman von Clemens J. Setz eine vielbeachtete Inszenierung auf die Bühne des Schauspielhauses und hat sich in der Zwischenzeit neben seiner Regietätigkeit auch einen Namen als Autor gemacht. Er wird, inspiriert von Thomas Manns Roman, eine eigene Fassung dieses Werks der Weltliteratur erstellen.
Thomas Mann wurde 1857 in eine angesehene Lübecker Patrizier- und Kaufmannsfamilie geboren. 1901 erschien sein erster Roman „Die Buddenbrooks“, für den er 1929 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Mit dem 1924 veröffentlichten „Zauberberg“ entwickelte er seinen Stil im Gewand des Bildungsromans weiter: Mit einem skeptisch-ironischen Erzähler, der Leitmotivtechnik und einer syntaktisch komplexen, anspruchsvollen Sprache. Mann stand der westlichen Demokratie zunächst skeptisch gegenüber, wurde zu Beginn der 1920er Jahre aber zu einem überzeugten Verteidiger der Weimarer Republik. Während der nationalsozialistischen Herrschaft emigrierte er 1933 in die USA, deren Staatsbürgerschaft er 1944 annahm. Seit 1952 lebte er wieder in der Schweiz, wo er 1955 verstarb. Nur ein einziges Mal, 1906, wurde ein Theaterstück von Mann aufgeführt; seine lebenslange Beschäftigung mit einem Luther-Stück blieb Fragment.
Zum Regisseur
Alexander Eisenach, geboren 1984 in Berlin. Nach einem Studium der Theaterwissenschaft und Germanistik arbeitete er als Regieassistent am Centraltheater Leipzig, wo auch seine ersten Regiearbeiten entstanden. Danach war er Teil des Regiestudios am Schauspiel Frankfurt, wo neben seinen Inszenierungen auch diverse Bühnentexte entstanden. Er arbeitet regelmäßig am Schauspiel Frankfurt, und am Schauspiel Hannover und jüngst am Theater Neumarkt in Zürich.
Spielzeit 2015.2016: In der Spielzeit 15.16 inszenierte Alexander Eisenach die Uraufführung „Frequenzen“ nach dem Roman von Clemens J. Setz.
In einer Bearbeitung von Alexander Eisenach
Regie Alexander Eisenach
Bühne Daniel Wollenzin
Kostüme Claudia Irro
Musik Beni Brachtel
Video rocafilm
Dramaturgie Karla Mäder
Mit Vera Bommer, Raphael Muff, Clemens Maria Riegler, Fredrik Jan Hofmann, Evamaria Salcher, Florian Köhler, Nico Link, Sarah Sophia Meyer und Franz Xaver Zach
weitere Vorstellungen am 17., 20. und 24. Jänner sowie am 6., 8. und 9. Feber sowie ab März, jeweils 19.30 Uhr
Tickets: T 0316 8000, F 0316 8008-1565, E tickets@ticketzentrum.at I www.schauspielhaus-graz.com
Das Bild zeigt Thomas Mann