Der weltberühmte Opern- und Kirchenkomponist Jommelli war zu dieser Zeit bereits seit 13 Jahren Hofkapellmeister am Hof Herzog Carl Eugens von Württemberg und hatte Stuttgart zu einem Hauptschauplatz der europäischen Opernreform gemacht.
Seine Oper Il Vologeso basiert auf Apostolo Zenos Libretto Lucio Vero, das um die Jahrhundertwende 1699/1700 uraufgeführt und zu einem der beliebtesten Opernstoffe des 18. Jahrhunderts wurde. Zwischen 1700 und 1816 entstanden mindestens 80 Vertonungen des Stoffes; das Stück wurde in weit über 100 verschiedenen Fassungen inszeniert. Jommellis Il Vologeso wurde 1769 in Lissabon zum letzten Mal szenisch aufgeführt.
Die Partitur ist reich an orchesterbegleiteten Rezitativen, in denen das Orchester tief in die Seelen der Akteure hineinhorcht. Umgekehrt unterbricht Jommelli den Fluss seiner Arien immer wieder durch rezitativische Orchestergesten und eine sprachnahe Rhetorik, die das Verhältnis zwischen dem Singenden und seinen stummen Partnern dynamisieren. Zäsuren, Ritardandi und Fermaten provozieren gleichsam die Interaktion des Gegenübers oder setzen sie voraus: Die Arien scheinen wie aus dem mitgedachten szenischen Kontext hervorzuwachsen. Die treibende Kraft der Handlung ist Lucio Vero, Mitregent des römischen Kaisers Marc Aurel, der sich auf dem Feldzug gegen die Parther in Berenike, Königin von Armenien und Braut seines totgeglaubten Gegners Vologeso, verliebt hat. Doch Vologeso lebt. Und auch die Kaisertochter Lucilla ist nicht bereit, ihren Anspruch auf die Hand ihres Verlobten Lucio Vero aufzugeben.
Anlässlich des 300. Geburtstags von Niccolò Jommelli (1714–1774) erarbeiten die Regisseure Jossi Wieler und Sergio Morabito, der ehemalige Stuttgarter Generalmusikdirektor Gabriele Ferro und die Bühnen- und Kostümbildnerin Anna Viebrock nun gemeinsam die Neuproduktion von Berenike, Königin von Armenien (Il Vologeso). Dieses Team hatte 2011/12 zuletzt die preisgekrönte Neuinszenierung von Vincenzo Bellinis Die Nachtwandlerin (La sonnambula) auf die Stuttgarter Opernbühne gebracht.
In den Hauptpartien geben die Ensemblemitglieder Ana Durlovski (Berenike) und Sophie Marilley (Vologeso) sowie der erstmals in Stuttgart gastierende Tenor Sebastian Kohlhepp (Lucio Vero) ihre Rollendebüts. Kammersängerin Helene Schneiderman hat die Partie der Lucilla bereits konzertant interpretiert und für die 1998 bei Orfeo erschienene CD unter Frieder Bernius eingesungen.
„Jommelli hat mit Berenike ein von seiner unverwechselbaren künstlerischen Individualität geprägtes Meisterwerk der italienischen Oper geschaffen“, so Regisseur und Dramaturg Sergio Morabito. „Wir wählen für die Wiederentdeckung dieses verschollenen Werks den allerauthentischsten Zugang, den es für eine Komposition aus dieser Tradition geben kann: den über das lebendige Theater.“
Musikalische Leitung: Gabriele Ferro,
Regie und Dramaturgie: Jossi Wieler, Sergio Morabito,
Bühne und Kostüme: Anna Viebrock,
Licht: Reinhard Traub,
Sprachcoach: Rita de Letteriis
Lucio Vero: Sebastian Kohlhepp, Vologeso: Sophie Marilley, Berenice: Ana Durlovski, Lucilla: Helene Schneiderman, Flavio: Catriona Smith, Aniceto: Igor Durlovski, Kaiserliche Diener: Thembinkosi Mgetyengana, Thomas Elwin,
Mit: Staatsorchester Stuttgart
Aufführungen
Februar 2015
15.02.2015 18:00 Uhr
19.02.2015 19:00 Uhr
22.02.2015 19:00 Uhr
Mai 2015
09.05.2015
17.05.2015
22.05.2015
25.05.2015
30.05.2015
Juni 2015
04.06.2015
Die Oper Stuttgart widmet Niccolò Jommelli mit dem WERKRAUM JOMMELLI nach dem Rihm-Wo-chenende im November 2014 die zweiten Thementage der laufenden Spielzeit (4. Februar - 4. März 2015). In ihrem Rahmen gewähren unter anderem eine öffentliche Bühnen-Orchesterprobe und eine Einführungsmatinee erste Einblicke in die dann unmittelbar bevorstehende Premiere von Berenike, Königin von Armenien.
Begleitveranstaltungen zu Berenike, Königin von Armenien (Il Vologeso)
WERKRAUM JOMMELLI (http://www.oper-stuttgart.de/werkraum-jommelli/)
- 3. Kammerkonzert „Hofkomponisten. Rund um Jommelli“ am Mittwoch, 4. Februar 2015, 19.30 Uhr in der Liederhalle. Mit Josefin Feiler (Sopran) und Musikern des Staatsorchesters Stuttgart.
- Jommelli und das „Dramma per musica riformato“ von Apostolo Zeno und Pietro Metastasio. Vortrag mit Bruno Forment (Universität Gent) am Freitag, 6. Februar 2015, 15 – 16 Uhr
- „Ausdruck und sprechendes Gefühl“. Audition und Gespräch mit Prof. Frieder Bernius und Sergio Morabito am Freitag, 6. Februar 2015, 16 – 17.30 Uhr
- Öffentliche Bühnen-Orchesterprobe am Samstag, 7. Februar 2015, 9.45 – 11.30 Uhr im Opernhaus. Der Eintritt ist frei. Kostenlose Platzkarten sind an der Theaterkasse (Theaterpassage) oder unmittelbar vor der öffentlichen Probe an der Veranstaltungskasse im Opernhaus erhältlich.
- „Ohne Zweifel einer der Ersten in seiner Kunst“. Audition und Gespräch am Samstag, 7. Februar 2015, 16 – 17.30 Uhr
- Einführungsmatinee am Sonntag, 8. Februar 2015, 11 Uhr im Opernhaus, Foyer I. Rang. Mit Josefin Feiler (Sopran), Irma Mihelič (Sopran) und dem Produktionsteam.
- „Applaus! Von Opern und Seifenopern in Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens.“ Moderierte Busfahrt zur Sonderausstellung des Museums Ludwigsburg mit Ausstellungsbesuch inklusive Führung am Sonntag, 8. Februar 2015, 14.30 – 18.30 Uhr (Treffpunkt: Vorplatz Opernhaus)
- 4. Liedkonzert „L’epoca più gloriosa – Jommellis Stuttgarter Jahre“ am Mittwoch, 4. März 2015, um 19.30 Uhr im Mozartsaal der Liederhalle. Mit Helene Schneiderman (Mezzosopran), Lauryna Bendžiūnaitė (Sopran), Yun-Jeong Lee (Sopran), Staatsorchester Stuttgart.
Einführung vor jeder Vorstellung
Eine Einführung findet vor jeder Vorstellung jeweils 45 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Opernhaus, Foyer I. Rang statt.
Nach(t)gespräche
Sonntag, 22. Februar 2015
Samstag, 9. Mai 2015
Samstag, 30. Mai 2015
Das Produktionsteam beantwortet im Anschluss an die Vorstellung Fragen der Zuschauer.