Seit einem Jahr ist der Vater tot und die ganze Hoffnung der Schwestern ruht auf den Schultern ihres Bruders Andrej. Professor in Moskau soll er werden, auf dass sie endlich an den Ort ihrer glücklichen Kindheit zurückkehren können. Der sehnsüchtige Blick in die Zukunft erscheint als ungeheure Verklärung der Vergangenheit. Mit diagnostischem Blick skizziert Tschechow in seinem Drama eine dem Untergang geweihte Gesellschaft greiser Kinder und entwirft damit ein Abbild der russischen bürgerlichen Gesellschaft um 1900.
Tschechows »Drei Schwestern« gehört zu den Stücken der Theaterliteratur, die Regisseure immer wieder vor eine große Herausforderung stellen. Grund hierfür sind die Dialoge, deren Wesen im Unausgesprochenen und in der Nicht-Kommunikation liegt, sowie die diffizile Figurenzeichnung.
In der Regel gehört den drei Schwestern die große Bühne. Am Schauspielhaus des Theaters Magdeburg wird Tschechows Spätwerk auf der kleinen Studiobühne inszeniert und erhält damit einen intimen Rahmen. Hier ist der Zuschauer nah dran am Innenleben der drei Schwestern Olga, Mascha und Irina, das Regisseurin Franziska Marie Gramss an die Oberfläche holt. Es geht ihr dabei weniger um den Realismus eines Zustands, sondern um die Offenlegung des Verborgenen und Verdrängten, die der Sehnsucht »Nach Moskau!« – dem berühmten Leitmotiv der »Drei Schwestern« – zugrunde liegt.
Die Uraufführung fand 1091 am Moskauer Künstlertheater in einer Inszenierung von Konstantin Stanislawski statt. Während Stanislawski an der Perfektion der Illusion arbeitete, wollte Tschechow, dass dem Zuschauer der künstlerische Charakter der Stücke bewusst bleibe. Diesen Aspekt betont Franziska Gramss auch in ihrer Inszenierung für das Theater Magdeburg.
Franziska Marie Gramss, geboren 1982 in Darmstadt, studierte Schauspiel und Regie an der Folkwang Universität der Künste. Nach ihrer Verpflichtung als Regieassistentin am Deutschen Theater Berlin inszenierte sie u.a. »Die Schwärmer« (Box Deutsches Theater Berlin), »Der gestiefelte Kater« (Theater Koblenz), »Kaspar Häuser Meer« (Theater Trier), »Nathan der Weise« (Theater Bonn), »Sterben« am schauspiel frankfurt, »Die Leiden des jungen Werther« (Theater Bonn), »Cinders« (English Theatre Berlin), »x-Freunde« (Konzerttheater Bern 2013) und »wolken.heim« (Städtische Bühnen Krefeld Mönchengladbach). Für ihre Diplominszenierung »Hedda Gabler« wurde sie 2008 mit dem Folkwang Preis ausgezeichnet.
Regie Franziska Marie Gramss
Bühne und Kostüme Christiane Hercher
Dramaturgie Oliver Lisewski
Andrej Sergejewitsch Prosorow Alexander von Säbel
Natalja Iwanowna Iris Albrecht
Mascha Heide Kalisch
Olga Marie Ulbricht
Irina Sonka Vogt
Alexander Ignatjewitsch Werschinin Oliver Chomik
Wassilij Wassiljewitsch Soljenyj Konstantin Marsch
Kulygin Fedor Iljitsch Ralph Opferkuch
Iwan Romanowitsch Chebutykin Philipp Quest
Nikolaj Lwowitsch Tusenbach Raimund Widra
Nächste Vorstellungen: 2. 5., 14. 5., 5. 6., 12. 6. 2015