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Anton Čechovs Drama „Ivanov“ als Leipziger Erstaufführung

Am Samstag, 23. November 2013, 19.30 Uhr hat im Schauspiel Leipzig Anton Čechovs Drama „Ivanov“ Premiere auf der Großen Bühne. 125 Jahre nach seiner Entstehung ist es die Leipziger Erstaufführung des bekannten Čechov-Stückes.

Ein Landgut in der russischen Provinz. Ivanov lebt dort mit seiner Frau Anna Petrovna und seinem Onkel Šabelskij. Das Geld ist knapp — und selbst wenn Geld da wäre, die Möglichkeiten und Ideen, es auszugeben, sind ebenso knapp. Während Ivanov seine Zeit damit verbringt, über sein Leben zu lamentieren und allabendlich Saša Lebedev, die Tochter seiner Nachbarn, zu umgarnen, sitzt seine Frau kränkelnd zuhause. Ihre einzige Ablenkung sind das Kartenspiel mit dem Onkel und die regelmäßigen Besuche des Landarztes, die regelmäßig münden in große Monologe über Moral und Sittlichkeit.

 

Die allabendlichen Gesellschaften bei den Lebedevs gliedern sich in diese Routine ein. Man spielt Karten, trinkt und isst, zerreißt sich das Maul über die Mitglieder der Gesellschaft der Provinz, egal ob anwesend oder nicht. Man überwacht sich gegenseitig, man provoziert sich, man versucht eine Fassade der Großbürgerlichkeit, Offenheit und Gewandtheit zu simulieren und sich gleichzeitig das Leben zur Hölle zu machen. Darum leiht man sich auch gegenseitig Geld, verschuldet sich und denkt nicht daran, es irgendwann zurückzuzahlen. Hungern und verhungern lassen. Diese Gesellschaft ist so übersättigt, dass sie nur noch in Ritualen der Grausamkeit existiert. Hüllen von Menschlichkeit, ausgesogen von der eigenen Geltungssucht.

 

Routine und Fassade brechen zusammen, als Anna Petrovna unerwartet bei einer dieser Nachbargesellschaften auftaucht. Sie beobachtet Ivanov, wie er Saša küsst. Daraufhin erleidet sie einen Schock, der sie tatsächlich ans Krankenlager fesselt. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse. Anna Petrovna liegt anscheinend im Sterben. Und zwischen Ivanov und Saša entwickelt sich eine heimliche Beziehung, unter den Augen der ganzen Gemeinschaft. Es wird geschachert und gefeilscht um Ansehen, um Mitgift, um Schulden und nicht zuletzt um Gefühle. Jeder will seinen Anteil am Sterben und am Leben. Alles wartet nur noch auf ein Ableben Anna Petrovnas. Dann soll die Hochzeit von Ivanov und Saša vollzogen werden …

 

Der 28-jährige Čechov arbeitete seine ursprünglich als Komödie bezeichnete Fassung von 1887 im Folgejahr zur Tragödie um (Fertigstellung: Dezember 1888).

 

Regisseur Michael Talke wurde 1965 in Mainz geboren. Er studierte Geschichte, Neue Literatur und Theaterwissenschaft in München. Danach war er Regieassistent bei Frank Castorf an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin und realisierte dort auch erste eigene Inszenierungen. Als freischaffender Regisseur inszenierte er am Deutschen Theater Berlin, am Luzerner Theater, am Schauspiel Hannover, am Thalia Theater Hamburg, am Schauspiel Köln, am Schaupielhaus Düsseldorf und am Theater Bremen.

 

Regie: Michael Talke,

Bühne: Hugo Gretler,

Kostüme: Klaus Bruns,

Musik: Tobias Vethake,

Dramaturgie: Alexander Elsner

 

Mit: Pina Bergemann, Julia Berke, Jonas Fürstenau, Ellen Hellwig, Andreas Herrmann, Matthias Hummitzsch, Markus Lerch, Hartmut Neuber, Felix Axel Preißler, Annett Sawallisch, Bettina Schmidt, Dominik Paul Weber, Timo Weisschnur

 

Weitere Vorstellungen:

30. Nov, 13. Dez 2013, 10./25 Jan, 23. Feb, 5./26. Apr, 23. Mai 2014

 

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