Die Freiheitsstatue hält zum Empfang statt einer Flamme ein Schwert in Händen. Die Menschen, denen er begegnet, treiben ihn auf dieser Reise in ein anderes Amerika. Denn so einfach ist das nicht im Exil. Karl erlebt Ungleichheit, soziale und wirtschaftliche Not und Unfreiheit. Von zu Hause aus gesehen ist er längst Der Verschollene (so auch der Titel der späteren Ausgaben des Textes). Einer, der mehr und mehr zur Seite geschoben wird, der im fremden Land immer fremd bleibt, so herzlich und offen er auch versucht, Begegnungen zu stiften, und dem seine eigene Identität dabei abhanden kommt.
Kafka selbst ist nie in Amerika gewesen, verfolgte aber das Schicksal der Auswanderer in seiner Familie mit größtem Interesse. Reiseberichte, Zeitungsartikel, Fotos, Stummfilme und literarische Vorbilder wie James Dickens prägten sein Schreiben an diesem ersten – Fragment gebliebenen – Roman. Der negative Entwicklungsroman reiht sich in unserem Spielplan ein in die Beschäftigung mit den Dystopien von 1984, Fahrenheit 451 sowie Schöne neue Welt.
Regie: Lilja Rupprecht
Bühne: Anna Ehrlich
Kostüme: Christina Schmitt
Video: Moritz Grewenig
Musik: Romain Frequency
Licht: Felix Dreyer
Dramaturgie: Katrin Spira
Besetzung:
Ferdinand Lehmann (Karl Roßmann),
Rahel Ohm (Onkel, Oberköchin, Brunelda),
Andreas Leupold (Heizer, Pollunder, Robinson),
Christian Schneeweiß (Kapitän, Greene, Delamarche, Oberkellner),
Manja Kuhl (Therese, Klara, Fanny)
Bild: Franz Kafka