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"Alcina" von Georg Friedrich Händel - Wuppertaler Bühnen

Premiere: Sa. 9. März 2024, 19:30 Uhr, Opernhaus

»Woher weiß ich, was wahr und was Täuschung ist?« Als sich Ruggiero wegen einer anderen Frau von seiner Verlobten Alcina trennt, scheint ihr der Boden unter den Füßen weggezogen zu werden. Sie versinkt in Schmerz und Verzweiflung und sucht nach einem Ausweg, um aus ihrer leidvollen Wirklichkeit zu entfliehen. Alcina konstruiert in ihrem Inneren eine verwunschene Insel, auf die sie sich vor der Realität flüchtet, um dort zur Selbstheilung den psychologischen Prozess der Trennung zu durchleben.

Copyright: Portrait Georg Friedrich Händel

Auf dieser Insel ist die Realität auf den Kopf gestellt: Alcina definiert die Regeln, während für sie keine zu gelten scheinen. Als unbestrittene Herrin entscheidet sie darüber, wer auf die Insel gelangt. Sie setzt sich dort mit ihrem Ex-Verlobten und der anderen Frau (sie heißt Bradamante) auseinander, erschafft aber auch einige (fiktive) wohlwollende Helfer_innen, die sie bei dem Prozess unterstützen. Zentral ist hier die Gruppe der Tänzer_innen, die zunächst als ihre Freunde agiert und später zur Personifikation ihrer Psyche wird. In dieser vermeintlichen Sicherheit gelingt es ihr, sich ihrem Schmerz zu stellen und durch vielleicht unangenehme, aber umso heilsamere Rückblicke ihre verdrängten Gefühle zu verarbeiten. Dass dieses Konstrukt brüchig ist, wird immer dann deutlich, wenn Ruggiero und Bradamante aus der Fiktion heraustreten und Alcina direkt konfrontieren – auch auf der Insel ist nicht alles so, wie es scheint. Dennoch gelingt es ihr am Ende, ihren Frieden mit der Situation zu schließen, Ruggiero loszulassen und zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.

Regisseurin Julia Burbach setzt die Geschichte um Alcina in eine kluge Rahmenhandlung, die die intensive Gefühlstiefe dieser Frau noch näher an uns heranbringt. Wir begleiten die Protagonistin auf eine Art psychologische Insel, die zu einem geschützten Raum für die Auseinandersetzung mit ihren emotionalen Abgründen wird. Denn auch wenn das Stück viel Bühnenmagie bereithält, so geht es darin um echte Gefühle von echten Menschen: Wir erleben Alcinas Weg von einer wütenden Verlassenen über eine verzweifelte Liebende bis hin zur gebrochenen Frau, begleitet von einer lebendigen und ausdrucksstarken Musik. In enger Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Dominic Limburg hat Julia Burbach für Wuppertal eine ganz eigene Fassung entwickelt, die durch mutige Kürzungen und eine teilweise geänderte Reihenfolge eine völlig neue Perspektive auf Georg Friedrich Händels ansonsten unverfälscht muszierte Oper bietet und Alcinas persönliche Entwicklung einen Schritt weiterführt.

Dramma per musica in drei Akten von Georg Friedrich Händel. Libretto nach Antonio Fanzaglia und Motiven aus dem Epos ›Orlando furioso‹ von Ludovico Ariosto. In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln.

Dominic Limburg
Musikalische Leitung
Immanuel Karle
Nachdirigat (14.06.2024)
Julia Burbach
Inszenierung
Cameron McMillan
Choreografie
Ben Wichert
Co-Choreografie
Cécile Trémolières
Bühne und Kostüme
Ulrich Zippelius
Choreinstudierung
Laura Knoll
Dramaturgie

Margaux de Valensart
Alcina
Subin Park *
Morgana
Randall Scotting, a. G.
Ruggiero
Edith Grossman
Bradamante
Sander de Jong, a. G.
Oronte
Erik Rousi
Melisso

Christian Paul, a. G., Narumi Saso, a. G., Noah Tepe, a. G., Sarah Katharina Becher, a. G., Yeva Silenko, a. G.
Tänzer_in

Opernchor der Wuppertaler Bühnen
Sinfonieorchester Wuppertal
a. G. = als Gast
* Mitglied im Opernstudio NRW

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