"Die Wolkendecke bricht auf und legt ein beträchtliches Stück Himmel frei", lautet das Motto. Die Willkürherrschaft des Unterbewusstseins bricht sich Bahn. Und die Pute wacht wie eine Glucke über dem Stall: "Schau mal, Huhn!" Der Hahn hat Angst vor der Asbestose - und die Taube wühlt mit wilden rhythmischen Bewegungen im Sand (Musik: Xenia Wiener). Es kommt sogar zu einer Barockarien-Parodie. "Ich bin fähig, das Chaos zu ordnen!" glaubt der Bussard selbstbewusst. Trotz kleinerer szenischer Schwächen herrscht bei dieser Inszenierung ein entwaffnender Witz, eine wunderbare Leichtigkeit, die die Schauspielerinnen und Schauspieler erfasst. "Ich trete mit der geistigen Welt in Kontakt", ergänzt die Taube. Und die geschickte Pute setzt die Ziegel aufeinander. Auch der weise Buchfink gibt immer wieder seinen klugen Kommentar zum Besten.
"Über uns brennt die Sonne!" bekennen die Vögel fast ekstatisch. Die alljährliche Flamingo-Prozession nimmt Fahrt auf. Das Vogel-Panoptikum zeigt seine vielen Gesichter. Und die Tagesform geht der Fotosynthese nach. Zuletzt hat dann sogar das FBI eine gefährliche Flamingo-Expedition ausfindig gemacht. "Ärzte wollen euch manipulieren!" schimpfen die Vögel. Die Situation gerät immer mehr außer Kontrolle. Die Autorin zeigt dem Publikum buchstäblich den Vogel, was die Regisseurin Katrin Hammerl in vielerlei Variationen verdeutlicht: "Dieser Stall ist zwar heruntergekommen, doch die guten Geister wohnen in ihm." Dann erscheint plötzlich die Katze und richtet unter den Vögeln ein Blutbad an.
Den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern Maria Helena Bretschneider, Lou von Gündell, Lukas Karlsch, Parsa Yaghoubi Pour, Dario Scheffler und Marie Schröder (Studierende des Studiengangs Schauspiel der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart) gelingt es überzeugend, die absurden Szenen lebendig werden zu lassen. Irgendwie hat das Ganze dann auch eine versteckt politische Komponente, denn für die Autorin Caren Jeß ist Politisierung ein Gewinn. So gibt es zuletzt nur noch epileptisch zappelnde Computerheldinnen. Und es sausen kleine Hexen durch den Kopf. Der "große Kokon der Vernunft" feiert Triumphe.
Die Kunst will das Publikum aus der Reserve locken. Das ist hier gelungen. Die vielen Vogel-Perspektiven wirken zuweilen sogar beängstigend: "Hier sieht es ja aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen!" Manchmal kracht ein Gewitter herab. Viele "Bravo"-Rufe.