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ZULETZT BRENNT DAS HOTEL -- "Hotel Savoy oder ich hol' dir vom Himmel das Blau" als Hybridoperette im Schauspielhaus STUTTGART ZULETZT BRENNT DAS HOTEL -- "Hotel Savoy oder ich hol' dir vom Himmel das...ZULETZT BRENNT DAS HOTEL...

ZULETZT BRENNT DAS HOTEL -- "Hotel Savoy oder ich hol' dir vom Himmel das Blau" als Hybridoperette im Schauspielhaus STUTTGART

Premiere Sa – 22. Jun 24

Joseph Roth war einer der großen Prosaisten Österreichs, der in seinen Romanen das Bild der erbarmungslosen modernen Welt zeichnete. So auch in "Hotel Savoy", das jetzt das Schauspiel Stuttgart als witzig-groteske Hybridoperette vorstellte. Dieser Roman spielt in Lodz und handelt im Grunde genommen von Russlandheimkehrern. Realismus und Romantik hat Roth in seinen Werken immer wieder in raffiniert-geheimnisvoller Weise verbunden, was Corinna von Rad in ihrer Inszenierung durchaus herausarbeitet.

 

Copyright: Toni Suter

Das Hotel Savoy wird zur Metapher für die durch den Ersten Weltkrieg aus den Fugen geratene Welt. Gestrandete Existenzen, Soldaten, Bankrotteure, üble Profiteure, Künstler sowie Prostituierte haben sich dort eingefunden. Alle warten auf die Ankunft des Milliardärs Bloomfield aus Amerika. Vor allem der Kriegsheimkehrer Gabriel Dan setzt auf ihn große Hoffnungen. Marco Massafra mimt ihn mit vielen Ausdrucksnuancen und Facetten. Bloomfield (wandlungsfähig gespielt von Inga Krischke) hat jedoch etwas ganz anderes im Sinn als die Rettung des Hotels Savoy. Das wird im Laufe dieses vielschichtigen Abends immer greller deutlich. Im Handlungsfaden dieses seltsamen Musiktheaters tauchen nahezu alle Komponisten der Silbernen Operettenära auf. Virtuos begleitet von der Musicbanda Franui unter der elektrisierenden Leitung von Andreas Schett erklingen Welthits wie "Tanzen möcht' ich" aus Emmerich Kalmans "Csarasfürstin", "Meine Lippen, sie küssen so heiß" aus "Giuditta" von Franz Lehar oder "Da geh ich zu Maxim" aus "Die Lustige Witwe" von Franz Lehar. Dabei kann sich gesanglich vor allem Josefin Feiler als Stasia profilieren.

Nach dreijähriger russischer Gefangenschaft ist Dan endlich frei. Von seinem Onkel Phöbus Böhlaug (famos: Josephine Köhler) erhofft er sich Geld für seine Winterreise. Der geizige Onkel schenkt ihm nur einen blauen Anzug - und Gabriel Dan verliebt sich  in die Varietetänzerin Stasia, für die auch sein Cousin Alexander Böhlaug (wandlungsfähig: Moritz Kallenberg) schwärmt. Diese ist in den mittellosen Gabriel Dan vernarrt.

Die Stärke dieser Inszenierung besteht vor allem in den abwechslungsreichen Revuenummern, die die Handlung immer wieder ganz entscheidend vorantreiben. "Ich hol' dir vom Himmel das Blau" aus der "Lustigen Witwe" von Franz Lehar und "Dann nehm ich meine kleine Zigarette" aus "Der Orlow" sowie "Heut könnt einer sein Glück bei mir machen" aus "Madame Pompadour" von Leo Fall sind die weiteren temperamentvoll und voller Ironie dargebotenen Musiknummern.

Die Bühne von Ralf Käselau und die Kostüme von Sabine Blickenstorfer lassen die Welt der glutvollen zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts lebendig werden. Jeden Abend treffen sich hier im Hotel Savoy all die verkrachten Existenzen zu Musik und Tanz, ein recht starkes Bild. Neben dem von Boris Burgstaller virtuos gemimten finsteren Liftboy Ignatz gibt es hier auch den von Klaus Rodewald ausgezeichnet verkörperten ehemaligen Souffleur Abel Glanz und den von Inga Krischke mit Ironie gespielten "Lotterieträumer" Hirsch Fisch. In weiteren Rollen überzeugen Gabor Biedermann als verrückter Clown Santschin, die von Josephine Köhler souverän gemimte Revolutionärin Natascha, die von Moritz Kallenberg, Inga Krischke und Gabor Biedermann robust verkörperten reichen Fabrikanten Kanner, Neuner und Schwadron, die ausgeflippte Varieteangestellte Jetti Kupfer (nochmals  souverän: Josephine Köhler), der von Josefin Feiler wunderbar dargestellte Magnetiseur Zlotogor und der wiederum von Klaus Rodewald nuancenreich dargestellte ehemalige Kriegskamerad Zwonimir.

Dieser Kosmos verschiedener Gestalten wird mit dem Unmut und Streik der Arbeiter und Kriegsheimkehrer konfrontiert. Zuletzt brennt das Hotel Savoy und die Bühne bricht zusammen - ein visueller Höhepunkt dieser Inszenierung. Diesem chaotischen Geschehen steht auch Bloomfield hilflos gegenüber. Das frappierende Schicksal dieser von den Nationalsozialisten vertriebenen erfolgreichen Musiker der Weimarer Republik könnte bei der Inszenierung stellenweise noch stärker in den Vordergrund treten. Trotz vieler gelungener Details überwiegt manchmal der skurrile Klamauk, dem der Zuschauer hilflos gegenübersteht.

Weitere Titel wie "Irgendwo auf der Welt" aus "Ein blonder Traum" von Werner Richard Heymann, "Was kümmt moch die ganze Welt" aus "Das Blaue vom Himmel" von Paul Abrahahm (hervorragend: Josephine Köhler), "O La La!" aus "Der letzte Walzer" von Oscar Straus, "Toujours L' Amour" aus "Ball im Savoy" von Paul Abraham und "Mehlspeis'!!!" aus "Das kleine Cafe" von Ralph Benatzky treiben das Geschehen weiter an. "Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände" aus "Viktoria und ihr Husar" von Paul Abraham, "Dein ist mein ganzes Herz" aus "Das Land des Lächelns" von Franz Lehar, "Lippen schweigen" aus "Die lustige Witwe" von Franz Lehar, "Irina's Lied" aus "Rosen aus Florida" von Leo Fall und Erich Wolfgang Korngold sowie das "Bloomfield-Medley" (unter anderem mit Friedrich Hollaenders "Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt") beweisen hier die darstellerische Beweglichkeit des Ensembles.

Mit Musik von Markus Kraler und Andreas Schett fliegen die Melodien von "Rausch im Savoy", "Bloomfield Trio" und "Nach dem Rausch" flirrend über die Bühne. Kraler und Schett haben zudem das "Volkslied mit Flugzeug" passend vertont.  In weiteren Rollen sind als skurrile Nacktmädchen und Bedienstete noch Gabor Biedermann, Klaus Rodewald, Harry Bednarz, Rebecca Kustek, Wolf Liebermann und Olena Shvab zu sehen. Gabor Biedermann spielt Regina Böhlaug und Boris Burgstaller ist Santschins Esel August. Viel Applaus und "Bravo"-Rufe für diese Koproduktion des Schauspiels mit der Staatsoper Stuttgart. In einer Sequenz hört man sogar Ausschnitte aus Dmitri Schostakowitschs "Leningrader Sinfonie" Nr. 7.
 

 

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