Erde, tonnenweise dunkelbraune Erde den Bühnenboden bedeckend. Keine Spuren von Vegetation. Hinter einem kleinen Hügel steigen menschliche Wesen hervor. Assoziationen zu Bildern anderer Stücke stellen sich ein, an die in Erde eingegrabene Winnie aus Becketts "Glückliche Tage", an Pina Bauschs "Sacre du Printemps", an Antigone, die in der Erde scharrt, an die Erschaffung des Menschen... Und tatsächlich Toula Limnaois knüpft mit ihrem Stück an antike Mythen an. Für "ever single day" hat sie sich von Albert Camus’ "Der Mythos des Sisyphos" inspirieren lassen. Dort söhnt sich Sisyphos mit seiner endlosen Aufgabe aus, indem er ihr Sinn gibt. Die Vergeblichkeit, Monotonie, Sinnlosigkeit und Absurdität menschlichen Handelns ist es, die scheinbar endlose Repetition eingeübter Verhaltensweisen mit geringen Varianten, die Verstrickung in Emotionen, die sich in der dynamisch und kraftvoll getanzten Choreographie widerspiegelt, ein Beziehungsgeflecht zwischen Nähe und Abstoßung.
Gleichwertig zum Tanz hat Ralf R. Ollertz die eindrucksvolle Musik kreiert. Manchmal klingt es wie keuchender Atem, der an den Gesang von Erinnyen denken lässt, dann ertönt das metronomartige Ticken einer Uhr. Eingearbeitet auch das Adagio aus Schuberts Streichquartett in C-Dur, mit Vogelgezwitscher unterlegt, das einen heiteren Moment in der Natur wiederzugeben scheint. Zeit und Rhythmus des Atems spielen eine Rolle. Mythisch, surreal und poetisch zugleich ist Toula Limnaois’ "every single day" ein beeindruckendes, emotionales Werk mit Bildern, die noch lange haften bleiben. Absolut sehenswert!
Konzept, Choreografie: Toula Limnaios; Musik: Ralf R. Ollertz;
Tanz, Kreation: María de Dueñas López, Elia Lopez Gonzalez, Amit Preisman, Karolina Wyrwal, Giacomo Corvaia, Yannis Karalis, Kamil Warchulski; Lichtdesign: Jan Langebartels, Kostüme: Antonia Limnaios, Toula Limnaios
4. und 5. Mai 2012