Jedes Jahr werden in deutschen Reproduktionszentren ca. 10.000 Kinder außerhalb des Mutterleibes gezeugt, bei jeder 40. Geburt waren reproduktionsmedizinische Techniken im Spiel, ca. 100.000 Menschen leben in Deutschland, deren Existenz sich einer Samenspende verdankt. Felicia Zeller sagt, „Kinderlosigkeit ist eine unsichtbare Geschichte im Gegensatz zur Erfolgsstory der Fruchtbarkeit.“ Auf der einen Seite wird die mangelnde Fruchtbarkeit der Elternpaare in unserer auf Perfektion getrimmten Welt immer noch als Makel empfunden, auf der anderen werden Menschen, die ihr Leben einer assistierten Zeugung verdanken, als „Halbwesen“ verbrämt (so z.B. die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff in ihrer Dresdner Rede im März 2014).
Im Auftrag des Staatstheaters hat Felicia Zeller mit Reproduktionsmedizinern und Betroffenen gesprochen und das Material gesammelt, das die Grundlage ihres Stückes bildet. „Wunsch und Wunder“ untersucht die Grenzen der Reproduktionsmedizin. Zellers Setting ist die „Kinderwunschpraxis Praxiswunsch“. Hier geht es in sprachakrobatisch überdrehten Szenen um IVF, ICSI, IUI – den Zauberformeln der Embryologen. Zeller konzentriert sich auf das Praxisteam. Die betroffenen Paare tauchen fast ausschließlich über die Spiegelung der Ärzte im Stück auf; in den endlosen Nebenzimmern der Praxis scheinen sie verloren gegangen zu sein. Einzig ein Spenderkind schafft es, sich wallraffartig in die Praxis und so auch in das Stück zu schleichen. So abgründig und eigenwillig der Zellersche Sprachkosmos auch ist, es kristallisiert sich ein Spannungsfeld zwischen den seelischen Nöten der Klienten und den Verlockungen eines Marktes, der immer lukrativere und ethisch nicht unbedenkliche Möglichkeiten bietet.
Felicia Zeller ist dem Haus eng verbunden - neben der Uraufführung "Der große Blöff / Entfernte Kusinen" 2010 waren auch ihre Stücke "Gespräche mit Astronauten" 2014 und "Kaspar Häuser Meer" 2009 am SST zu sehen. Zellers abgründige Komödien, ob sie sich um überarbeitete Sozialarbeiterinnen, PR-Berater im Dauerstress oder berufstätige Mütter mit überforderten Au Pair-Mädchen drehen, halten uns und unserem Alltag auf höchst pointierte Weise einen Spiegel vor.
Marcus Lobbes inszeniert die Uraufführung von Zellers Stück in der Alten Feuerwache. Seit 1995 arbeitet Lobbes als Regisseur und Ausstatter in Oper und Schauspiel u. a. in Dortmund, Mannheim, Freiburg und an der Hamburgischen Staatsoper. 2008 wurde er für seine Uraufführung von Felicia Zellers »Kaspar Häuser Meer« in der Kritikerumfrage von »Theater heute« zum besten Nachwuchsregisseur gewählt; 2013 inszenierte er am SST »Ein Sportstück« von Elfriede Jelinek.
Inszenierung: Marcus Lobbes
Bühnenbild & Kostüme: Wolf Gutjahr
Video: Michael Deeg
Dramaturgie: Ursula Thinnes
Es spielen Gertrud Kohl, Gabriela Krestan, Nina Schopka, Andreas Anke und Roman Konieczny.
Sonntag 25. Jan 18:00
Dienstag 03. Feb 19:30
Samstag 07. Feb 19:30
Donnerstag 12. Feb 19:30
Freitag 13. Feb 19:30
Freitag 27. Feb 19:30
Freitag 06. Mär 19:30
Sonntag 08. Mär 18:00
Donnerstag 19. Mär 19:30
Sonntag 22. Mär 18:00
Mittwoch 01. Apr 19:30
Freitag 10. Apr 19:30
Dienstag 14. Apr 19:30