Die Frage nach autobiografischen Bezügen in seinem Werk ist oft diskutiert worden, und sicher sind viele immer wiederkehrende Motive privaten Ursprungs. Doch Kafkas Bilder und Symbole entfalten ihren Bedeutungsreichtum nicht dadurch, dass sie privat sind, sondern dadurch, dass in ihnen gleichzeitig etwas Universelles liegt: Es sind zukunftsweisende Zeichen der Zeit. Die Verdinglichung des Menschen, soziale Kälte und Ausgrenzung sind in seinen Werken so schmerzlich eingefangen und bedrückend dargestellt, dass sie den Blick auf signifikante Probleme der Moderne freilegen.
Stefan Wolframs Spielfassung ist ein Fragment, das bewusst Leerstellen lässt – Leerstellen, die Raum geben für Kafkas gewaltige und bilderreiche Sprache. Briefe, Tagebücher und Erzählungen sind die Basis der Fassung, ihr roter Faden ist die Liebe. Ein Thema, das sich im Zusammenhang mit Kafka nicht als erstes aufdrängt – umso spannender ist es, dieses Feld zu erkunden. Ottla Kafka, Felice Bauer, Julie Wohryzek, Milena Jesenská und Dora Diamant sind Protagonistinnen in Kafkas Leben gewesen. Ihnen und der Suche des Dichters nach dem Wesen der Dinge gilt der ganze Raum auf der Hinterbühne des Schauspielhauses Chemnitz.
Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 als ältester Sohn einer bürgerlich-jüdischen Kaufmannsfamilie in Prag geboren. Zu seinen Eltern, in deren Wohnung er noch mit 31 Jahren lebte, hatte Kafka ein äußerst gespanntes Verhältnis. Fast bis zu seinem Tod versuchte er, diesen Konflikt zu bearbeiten. Werke wie „Das Urteil“ (1913) oder „Die Verwandlung“ (1915) sind geprägt von Problemen der Abhängigkeit und der psychischen Fixierung auf übermächtige Autoritäten; sein Versuch, die unerträglichen Spannungen durch einen ebenso schonungslosen wie versöhnlichen „Brief an den Vater“ zu lösen, scheiterte. 1917 übersiedelte er nach Zürau, zu seiner Schwester Ottla. Nachdem er sich im Laufe seines Lebens mehrfach ver- und entlobt hatte, begann er 1923 ein gemeinsames Leben mit der 25-jährigen Dora Diamant. Die Inflation und die politischen Unruhen im Deutschen Reich sowie Kafkas sich rapide verschlechternder Gesundheitszustand veranlassten ihn, 1924 nach Prag zurückzukehren, wo er noch im selben Jahr starb.
Regie: Stefan Wolfram
Bühne und Kostüme: Ricarda Knödler
Musik: Steffan Claußner
mit: Gregoire Gros, Ulrich Blöcher, Florence Matousek, Lysann Schläfke und Ulrike Euen
Die nächsten Vorstellungen sind am 19., 20. und 30. März, jeweils 19.30 Uhr.
Regieteam
Stefan Wolfram (Regie)
1962 in Plauen geboren. In seiner Jugend arbeitete er als Medizintechniker, ließ sich zum Puppenspieler ausbilden und wirkte in verschiedenen Freien Theatergruppen mit. 1987 - 1991 studierte er Schauspiel an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin, Außenstelle Rostock. Anschließend war er bis 2011 am Theater Plauen-Zwickau als Schauspieler engagiert. Seit 1998 inszeniert Stefan Wolfram. Er arbeitete u. a. am Theater Plauen-Zwickau (als Hausregisseur), am Staatstheater Cottbus, an den Landesbühnen Sachsen, am Theater Rudolstadt und am Gerhart Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau. Zu seinen Regiearbeiten zählen neben vielen Freilichtinszenierungen „Antigone“ (Sophokles), „Ballhaus“ (Mensching/Penchenat) und „Nachtasyl“ (Gorki). In der Spielzeit 2013/2014 inszeniert er nach „Kafka“ auch das Sommertheater auf der Chemnitzer Küchwaldbühne „Pippi Langstrumpf“ (Lindgren).
Ricarda Knödler (Bühne und Kostüme)
geboren 1969 in Magdeburg, studierte zunächst Maskenbild an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, anschließend Mode- und Kostümdesigner an der Hochschule für Kunst und Design Halle Burg Giebichstein. Als freie Bühnen- und Kostümbildnerin arbeitete sie u. a. mit den Regisseuren Martin Nimz, Herbert Olschok, Carsten Knödler, Irina Pauls, Petra Dannenhöfer und Matthias Nagatis. Kostüme von ihr waren u. a. am Staatstheater Kassel, Staatsschauspiel Schwerin, Schauspiel Chemnitz, am Heidelberger Theater, an der Oper Halle, Theater Magdeburg und am Theater Dortmund zu sehen, außerdem in verschiedenen Film- und Fotoproduktionen. Neben der Produktion „Kafka“ entwirft sie in dieser Spielzeit die Kostüme für Inszenierungen ihres Bruders Carsten Knödler: Henrik Ibsens „Hedda Gabler“, die Shakespeare-Adaption „Romeo und Julia auf der Abbey Road“ und Dale Wassermans „Einer flog über das Kuckucksnest“.