Doch um den größten Musikdramatiker hat er bislang ganz bewusst einen weiten Bogen gemacht. Es war Marc Piollet, der ihn schließlich überzeugte, seine Abwehr aufzugeben.
„Tristan und Isolde“ ist für Dietrich Hilsdorf eine Liebe in Zeiten des Krieges – ähnlich den großen Tragödien Kleists, auf die er bei der Probenarbeit immer wieder zu sprechen kommt: Der Vasall Tristan hat die irische Herrscherin Isolde tödlich beleidigt, indem er erst ihren Ver-lobten erschlug und dann ihre Liebe floh. Doch damit nicht genug, will er sie nun auch noch zwingen, den betagten englischen König Marke zu heiraten. Ist es Vasallentreue, die ihn sich seine Liebe nicht eingestehen lässt oder fürchtet er sie aus tiefer liegenden Gründen? Aller weltlichen Macht beraubt, zwischen ohnmächtigem Hass und ihren geheimen Gefühlen schwankend greift Isolde schließlich auf ihre weiblichen Zauberkräfte zurück, um sich und Tristan zu töten. Doch was als tödlicher Sühnetrank zu den Lippen geführt wird, entfaltet seine ersehnte Wirkung nicht unmittelbar. Was auch immer der Becher enthielt, sein Inhalt be-wirkt, dass Tristan und Isolde sich ihre Liebe gestehen; eine Liebe, die in der kriegerischen Tagwelt keine Erfüllung finden kann. Doch ist die ersehnte ewige Nacht des Todes wirklich eine Verheißung?
Der Grenzüberschreitung seiner Protagonisten entspricht Richard Wagners musikalische: Die avancierte Harmonik, die übersteigerte chromatische Sinnlichkeit, das kunstvolle poly-phone Gewebe der Motive und die kongeniale Verschmelzung von Wort und Ton setzten Maßstäbe für das Musikdrama der folgenden Epoche und machten „Tristan und Isolde“ zu einem Höhepunkt in Wagners Schaffen.
Dietrich Hilsdorf gehört mit „Macbeth“, „Johannes-Passion“, „Don Carlos“ und „Der Frei-schütz“ zu den prägenden Musiktheaterregisseuren in Wiesbaden. Der Träger des FAUST-Theaterpreises 2007 „steht für ein präzises, an historischen Hintergründen orientiertes Mu-siktheater, das für Experten anregend und die normalen Besucher spannend und unterhal-tend ist. Hilsdorf ist ausgebildeter Schauspieler, 1978 wechselte er zur Regie und assistierte bei Hans Neuenfels. Mit Einar Schleef und Michael Gruner zählte er zu den Hausregisseuren des legendären Frankfurter Schauspieles in den achtziger Jahren. Seine Wurzeln blieben bis heute sichtbar. Denn die Sänger sind bei ihm schauspielerisch so präsent wie im guten Sprechtheater. Jede Rolle ist psychologisch durchdacht, in historischen Kostümen stecken heutige Gefühle. Viele seiner Inszenierungen enden verloren. Jubelchöre sind böse Ironie, Paare singen von der Liebe und stehen weit voneinander getrennt. Weil sie nicht mehr zu-einander finden können, trotz aller Kehlenbekenntnisse.“ (Die Welt, Jan 2006)
Zu Gast in „Tristan und Isolde“:
Turid Karlsen ist eine charismatische Sänger-Darstellerin, gesegnet mit einer großen Stim-me. Das Repertoire der dramatischen Sopranistin aus Norwegen umfasst die Wagner-Partien Elsa, Eva, Elisabeth und Venus, Gutrune und Isolde, sowie die Strauss-Rollen Mar-schallin, Arabella, Ariadne und Salome. Aber auch lyrisch-dramatische Partien wie die Grä-fin, Rosalinde, Leonore, Aida, Jenufa und Agathe liegen ihrer wandlungsfähigen Stimme. In Deutschland trat sie in den Opernhäusern und Festivals in Kassel, Freiburg, Augsburg, Kiel, Bonn, Karlsruhe, Hannover, Stuttgart, Mannheim, Düsseldorf, Köln und Berlin auf. Im Mai 2008 feierte die Presse Turid Karlsen bei ihrem Rollendebüt als Isolde in Bielefeld als „unan-gefochtenen Star der Inszenierung“ (Westfalen-Blatt). „Ihr wohlig runder Sopran zeichnet sich durch strahlende Höhen und vorbildliche Textartikulation aus; sie singt aus lyrischer Grundierung scheint’s mühelos und ohne die geringste Ermüdung bis zum innig beseelten ‚Liebestod’.“ (Neue Westfälische)
Alfons Eberz ist ein erstklassiger Wagner-Tenor. Er hatte das heute seltene Glück, langsam in das schwere Fach hineinwachsen zu können, als ihn Manfred Beilharz 1997 nach Bonn holte. Zu seinen Rollen gehören die großen Wagnerpartien Loge, Siegmund, Siegfried, Erik, Stolzing, Lohengrin, Parsifal und Tristan, aber auch Florestan, Bacchus, Pedro, Max und Tambourmajor. Sein internationaler Durchbruch gelang Eberz 2004 in Dresden als Siegfried in der „Ring“-Inszenierung von Willy Decker. Im gleichen Jahr debütierte er in Bayreuth als Erik. 2005, 2006 und 2007 sang er dort den Parsifal. In Wiesbaden war er u.a. als Siegmund und Siegfried im „Ring des Nibelungen“ und als Pedro in „Tiefland“ zu hören.
Musikalische Leitung Marc Piollet
Inszenierung Dietrich Hilsdorf
Bühne Dieter Richter
Licht Thomas Roscher
Kostüme Renate Schmitzer
Choreinstudierung Christof Hilmer
Dramaturgie Janka Voigt
Mit: Alfons Eberz (Tristan), Turid Karlsen (Isolde), Silvia Hablowetz (Brangäne), Thomas de Vries (Kurwenal), Bernd Hofmann (König Marke), Angus Wood (Melot), Jud Perry (Junger Seemann/Hirte), Reinhold Schreyer-Morlock (Steuermann)
Chor und Orchester des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden
Weitere Termine: Sonntags, 5. und 19. April, 14. und 28. Juni, 5. Juli, Großes Haus