Die Frage, wann ein Mensch für die Gesellschaft nützlich ist und welche Folgen eine einseitige Betrachtung dieser Fragestellung für die Gesellschaft haben kann, gewinnt dadurch an Brisanz. Ihre Ambivalenz zeigt sich anhand der Figur des jungen Kriegers Neoptolemos, der von Odysseus zur Lüge gezwungen, zwischen pragmatischer Haltung und Mitleid gegenüber dem Exilierten schwankt. Jonas Sippel, der jüngste RambaZamba Neuzugang, spielt diesen Krieger als Kindersoldaten, dessen Annäherung an den vereinsamten Philoktet ein Kampf um den Neugewinn von Vertrauen und zugleich ein Kampf mit den eigenen Dämonen ist.
Dem eigentlichen Philoktet-Stück stellt Regisseur Jacob Höhne ein Vorspiel voran, das die Taten des Herakles und zugleich die mythologischen Hintergründe der Geschichte erzählt. Bevor die menschlichen und gesellschaftlichen Wunden einer Ausgrenzung sichtbar werden, blickt die Inszenierung ironisch heiter zurück auf eine Zeit, in der es noch Superhelden gab.
Für ihre neue Produktion laden sich die Schauspieler des Theaters RambaZamba Berlin ungewöhnliche Gäste ein. Neben den RambaZamba Profis Nele Winkler, Moritz Höhne, Juliana Götze, Sven Normann, Jonas Sippel und Mario Gaulke stehen zwei sogenannte „normale“ Schauspieler auf der Bühne – Sebastian Brandes und Tobias Rott. Doch Zuordnungen wie „normal“ und „behindert“ unterläuft Gastregisseur Jacob Höhne von Beginn an, indem er die Rolle des Krüppels „Philoktet“ von Tobias Rott spielen lässt und nicht von einem der RambaZamba Schauspieler. Die Rolle des listigen und brutal agierenden Odysseus verkörpert Sven Normann, der im Rollstuhl sitzt und bereits in zahlreichen RambaZamba Inszenierungen zu sehen war.
Mit „Philoktet“ ist zum ersten Mal eine Inszenierung des Regisseurs Jacob Höhne in Berlin zu sehen. Höhne studiert Regie am Mozarteum in Salzburg und erhielt 2011 für seine Arbeit im Rahmen des Projekts „Salzburg. Erkundungen der Wirklichkeit“ den Salzburg Preis des Kulturfonds. Für die Inszenierung „Philoktet“ arbeitet er mit dem Musiker und Komponisten Leo Solter, der Choreografin Sofia Papanikandrou und dem Dramaturgen Hans Nadolny zusammen. „
Philoktet (nach Sophokles)
aus dem Altgriechischen von Dietrich Ebener
Regie: Jacob Höhne,
Musik: Leo Solter,
Darsteller: Sebastian Brandes, Mario Gaulke, Juliana Götze, Moritz Höhne, Sven Normann, Tobias Rott, Jonas Sippel, Nele Winkler, Bühne: Angelika Dubufé, Kostüme/Maske: Beatrix Brandler, Choreografie: Sofia Papanikandrou, Dramaturgie: Hans Nadolny.
Weitere Vorstellungen im Berliner Ensemble: 19. und 20. Juni 2014 um 19 Uhr
Weitere Vorstellungen: 5. und 6. Juli 2014 um 19 Uhr