Mary Shelleys Roman entsteht im verregneten Sommer 1816. Die damals gerade einmal 19-Jährige wettet mit ihren Freunden darum, wer die beste Schauergeschichte schreibt. Seitdem hat sich Frankensteins Monster tief in unserer Kulturgeschichte verankert. Vor allem sind es die mit ihm verknüpften Fragen nach Verantwortung der Wissenschaft, elterlicher Vernachlässigung, der Angst vor dem Fremden, der Natur von Gut und Böse und dem ewigen Wunsch nach Unsterblichkeit, die den Roman zeitlos aktuell machen.
Genau diesen Fragen spürt das Regie-Duo Tuschy/Suske in ihrer ersten Inszenierung am Theater Bielefeld nach. Mit vier Schauspieler*innen erzählen sie die Geschichte aus der Perspektive des aufstrebenden Forschers Frankenstein – bis Zweifel aufkommen: Welche Verantwortung trägt der Schöpfer gegenüber seiner Schöpfung? Was steckt hinter dem Monster? Und wo sind eigentlich die Mütter und Ehefrauen in der Geschichte? Der Schauspieler Hajo Tuschy und der Musiker Jacob Suske arbeiten in ihrer Inszenierung mit einem bestechend einfachen Mittel, das großen Theaterzauber möglich macht: In einem Miniarturtheater werden Kulissen, Orte, Landschaften, Länder live aufgebaut und über eine Kamera auf die Bühne projiziert, die die Bühnenbildnerin Maria Stauch mit flexiblen Gasen und Vorhängen ausgestattet hat. So verschwimmen die Realitäten der Figuren mit der, der Erzähler*innen.
Alles was auf der Bühne passiert, entsteht durch die Hände der Schauspieler*innen. Auch die von Jacob Suske komponierten Sounds und Musiken werden live vom vierköpfigen Ensemble erzeugt. Ästhetisch untermauern die Kostüme von Maria Stauch diese Setzung: Changierend zwischen Steampunk und Romantik führen Janis Kuhnt, Simon Heinle, Leona Grundig und Brit Dehler wie eine Band durch den Theaterabend, der die Schicksale Frankensteins, seiner Familie und dem Geschöpf zu einer kollektiven Erzählung der zeitlosen Geschichte von Mary Shelley verwebt.
Inszenierung Tuschy/Suske
Bühne und Kostüme Maria Strauch
Musik Jacob Suske
Dramaturgie Elisa Hempel
Mit Brit Dehler, Leona Grundig, Simon Heinle, Janis Kuhnt
Die nächsten Stream-Vorstellungen: 26.05., 28.05.; weitere Termine im Juni
Tickets ab 5 € (erhältlich ab dem 12.05.): www.theater-bielefeld.de