Psychologisch betrachtet, zeichnet sich für jede Person ein Vorraum der Entscheidung ab: Alles ist offen, jeder Handlungsausgang und jede Entscheidung scheint plausibel. Und das, obwohl das Libretto vordergründig die Themen Gefangenschaft und Befreiung behandelt.
Was passiert, wenn die Faszination für einen Menschen grösser ist als der Hass auf ihn? Konstanze und ihre Diener Blonde und Pedrillo leben unfreiwillig bei Bassa Selim. Konstanze vermag den Avancen ihres Entführers kaum zu widerstehen. Es erscheint jedoch der junge Belmonte und versucht seine Verlobte Konstanze zu befreien – und Blonde, denn sie ist ebenfalls in Gefahr: Sie soll von Bassa Selim an Osmin, den Oberaufseher des Serails versprochen worden sein. Die Entführung der beiden Damen scheitert aber. Allerdings ist die Liebe zwischen Belmonte und Konstanze erstarkt. Bassa Selim gibt sein Werben auf und lässt sie frei.
Mozarts «Entführung aus dem Serail» gilt als erste deutsche Oper. Sie entstand als Auftragskomposition Kaiser Josephs ii., der mit dem Nationalsingspiel einen Gegensatz zur italienisch geprägten Hofoper schaffen wollte. Zeitlich fällt die Entstehung dieses Singspiels mit der Eheschliessung Mozarts mit Constanze Weber zusammen, die der Komponist gegen den Willen seines Vaters heiratete – nicht umsonst trägt die weibliche Hauptpartie des Stücks diesen Namen! Auch wenn dieses Werk vordergründig von Gefangenschaft und Befreiung handelt, so spricht doch die Musik eine andere Sprache: Mozart schafft hier eine Struktur, die auf musikalischer Ebene nie existenziell wirkt. Viel mehr zeichnet sich ein Vorraum der Entscheidung ab: Alles ist offen, jeder Handlungsausgang und jede Entscheidung scheint plausibel. Die Regisseurin Lydia Steier nimmt diese musikalische Faktur zum Anlass, die Person Konstanzes auf ihre Beweggründe hin, den Serail verlassen zu wollen, zu befragen. So entfaltet sich eine Welt, die sich nicht mehr in gut und böse, schwarz und weiss unterteilen lässt und in der eine Entscheidung für das eigene Lebenskonzept folglich nicht einfach zu treffen ist.
Text von Christoph Friedrich Bretzner
Bearbeitet von Johann Gottlieb Stephanie D. J.
In deutscher Sprache
Musikalische Leitung Kevin John Edusei
Regie Lydia Steier
Bühne Susanne Gschwender
Kostüme Siegfried Zoller
Chor Zsolt Czetner
Dramaturgie Katja Bury
Orchester Berner Symphonieorchester
Konstanze Robin Johannsen
Blonde Yun - Jeong Lee
Belmonte Uwe Stickert, Andries Cloete
Pedrillo Andries Cloete
Osmin Pavel Shmulevich
Bassa Selim Beren Tuna
Weitere Termine
Di, 26. Feb 2013, 19:00 - 20:30
So, 10. Mär 2013, 19:00
Mi, 13. Mär 2013, 19:30
Sa, 16. Mär 2013, 19:30
So, 24. Mär 2013, 18:00
Do, 28. Mär 2013, 19:30
Sa, 30. Mär 2013, 19:30
Sa, 06. Apr 2013, 19:30
Sa, 20. Apr 2013, 19:30
So, 28. Apr 2013, 18:00
Mi, 01. Mai 2013, 19:30
So, 12. Mai 2013, 15:00
Di, 28. Mai 2013, 19:30
So, 02. Jun 2013, 18:00