Eine andere Tänzerin löst sich aus Eingipsungen. Immer wieder das Ablegen von Kleidung. Häutungen, die nicht nur den nackten Körper zeigen, sondern auch die Seele bloßlegen. Kraftvoll, wütend, zugleich aber auch verletzlich: so treten die Tänzerinnen der Cooperativa Maura Morales in „Cherchez la femme“ auf, einem Stück, das sich auf Leben und Werk der Fotografin Francesca Woodman bezieht. Diese beging - noch bevor sie bekannt werden konnte - mit 22 Jahren Suizid, indem sie aus einem Fenster sprang.
Spiegel, Gipsmasken, der eigene nackte Körper in verfallenden Häusern, sind Motive, die Francesca Woodman in ihren Fotografien verwendet. Es sind Arbeiten, mit denen sie sich selbst erkundet, ihren Körper, ihre Sexualität, ihre Seele, ihre Rolle als Frau und Künstlerin. Es sind auch Arbeiten, mit denen sie sich ihrer selbst vergewissern möchte nach Erfahrungen von Zurückweisung durch Männer und mangelnder künstlerischer Anerkennung. Ihre Fotografien berühren und verunsichern zugleich.
In Maura Morales Choreographie finden sich einige der von Francesca Woodman verwendeten Accessoires wieder. Sie sind die Ausgangslage für grundsätzliche existenzielle Fragen, mit denen sich auch Woodman beschäftigt hat - ihrer Verzweiflung, dem Unbehaustsein in der Welt, der Suche nach der eigenen Identität, aber auch dem Finden einer künstlerischen Ausdrucksweise. Man merkt, dass Maura Morales sich mit all dem intensiv auseinandergesetzt hat. Und sie hat das in starke Bilder umgesetzt und dafür eine eigene emotionale, ausdrucksstarke Sprache gefunden, die durch die Komposition von Michio Woirgardt musikalisch abgerundet wird. Überaus beeindruckend!
Konzept/Regie/Choreografie: Maura Morales.
Tänzerinnen: Maura Morales, Kalin Morrow,Mihyun Ko.
Komposition/Livemusik: Michio Woirgardt.
Dramaturgie: Michaela Predeick.
Lichtdesign/Technische Leitung: Grace Morales Suso.
Bühnenbild: Anne-Katrin Puchner, Maura Morales.
Kostüm: Marion Strehlow. Assistenz: Marcela Ruiz Quintero.
November 2019