Enzensbergers poetischer Text, den er in den krisengebeutelten Siebzigerjahren unter dem Eindruck von Wirtschaftskrise, Linksterrorismus, Anti-Atomkraft- und Friedensbewegung schrieb, gewinnt heute an Brisanz. Wie beständig ist unsere global vernetzte westliche Welt, wenn die Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels akuter werden?
Regisseur Nick Hartnagel setzt die jungen Künstler:innen in ihrer Auseinandersetzung mit der Welt und verschiedenen Untergangsszenarien in den Mittelpunkt. Was bedeutet Untergang eigentlich heute noch? Befinden wir uns nicht permanent in einem Zustand der Krise und des Untergehens? Und wie trifft er unterschiedliche Teile der Gesellschaft und der Weltbevölkerung? Wann begreifen wir, dass wir uns mittendrin befinden? Während der globale Süden schon seit geraumer Zeit mit den Folgen des Klimawandels zu tun hat, als er für uns noch ein rein mediales Bild war, hat er in der deutschen Wahrnehmung mit dem Hochwasser im Sommer 2021 erst neu an Brisanz gewonnen. Die Schauspiel-Studierenden der HMDK wechseln zwischen anskizzierten Figuren und dem bis zum Ende spielenden Titanic-Orchester, zwischen erster und dritter Klasse. Mal zeigen sie ein Hörspiel, mal eine Musical-Einlage. Immer in Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Position als Künstler:innen, die sich einer Realität oder einer Geschichte für den Moment annehmen. Aber auch aus ihrer Wahrnehmung als einer jungen Generation, die mit einer Welt umgehen muss, die die vorangegangen Generation mit ihrem Streben nach Wohlstand und permanentem Fortschritt hinterlassen haben. „Wir schwimmen weiter“ wird zu einem Lebensgefühl. Der nächste Untergang kommt bestimmt.
Nick Hartnagel, 1987 in Stuttgart geboren, studierte bis 2012 an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Regie. Am Schauspiel Hannover entstanden seine Diplominszenierung Fabian nach Erich Kästner und die Uraufführung von Soeren Voimas Die Römische Octavia. In diesem Zusammenhang entwarf er auch gemeinsam mit dem Schauspieler Henning Hartmann die Internetvideo-Reihe Tagebuch eines Dramaturgen. Seitdem inszenierte Nick Hartnagel am Staatstheater Hannover, am Theater Heidelberg, am Theaterhaus Jena, am Theater Osnabrück, am Neuen Theater Halle, am Theater Aachen, am LTT Tübingen und am Landestheater Marburg. Er war zudem zweimal beim Heidelberger Stückemarkt eingeladen: 2014 mit der Uraufführung von Johannes Schrettles Die Kunden werden unruhig und 2015 mit zu jung zu alt zu deutsch von Dirk Laucke. Am Nationaltheater Mannheim inszeniert er in der Spielzeit 2018/19 die Deutsche Erstaufführung von Mitwisser der Hausautorin Enis Maci. Im Corona-Frühsommer 2021 realisierte Nick Hartnagel mit den Studierenden der HMDK Stuttgart den Foto-Hör-Spiel-Film Kein Eisberg in Sicht, der beim Bundeswettbewerb der deutschsprachigen Schauspielstudierenden 2021 mit dem Max-Reinhardt-Ensemblepreis ausgezeichnet wurde.
Inszenierung: Nick Hartnagel
Bühne und Kostüm: Tine Becker,
Musik: Lukas Lonski,
Licht: Rainer Eisenbraun,
Dramaturgie: Sarah Tzscheppan
Mit: Wiktor Grduszak, Cora Kneisz, Natalja Maas, Jonas Matthes, Liliana Merker, Félicien Moisset, Jakob Spiegler
Eine Koproduktion des Schauspiels Stuttgart mit der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart
Weitere Vorstellungen:
19. bis 22. Okt 21
26. bis 30. Okt 21, jeweils 20:00
30. Okt 21, zum letzten Mal