So erst kann sich zwar ihre lang ersehnte Liebe zu dem Prinzen erfüllen, doch muss sie dafür verstummen. Der Prinz verstößt die Stimmlose und ist damit selbst dem Tode geweiht. Bei der Handlung lässt Kvapil Elemente verschiedener Mythen sowie literarischer Werke zusammenfließen. Zum einen diente Hans Christian Andersens Märchen “Die kleine Meerjungfrau”′ als Vorlage, zum anderen Friedrich de la Motte-Fouqués Erzählung “Undine” sowie Gerhart Hauptmanns Drama “Die versunkene Glocke”.
Bemerkenswert an “Rusalka” ist die Tatsache, dass hier nicht die Perspektive eines heroischen, am Ende siegenden Titelhelden im Vordergrund steht, sondern die zerbrechliche, tragisch-melancholische und doch kraftvoll-urgewaltige Persönlichkeit der Rusalka. Bei dem Versuch, sich der Seele eines Menschen anzunähern, stört und verändert sie jedoch empfindlich das Gleichgewicht zwischen diesen beiden so völlig gegensätzlichen Seiten von Mensch und Natur. Wenn der Prinz, dem Rusalka am Anfang verfällt, am Ende ihren tödlichen Kuss ersehnt, tut er dies nicht nur, um sich selbst von Schuld zu befreien, sondern um beide Seiten – seine menschliche und Rusalkas urnatürliche – wieder ins Gleichgewicht zu bringen und damit zu erlösen. Doch erst Dvořáks spätromantische Musik, die durch ihre vielschichtige Subtilität die Handlung nicht nur unterstützt, sondern vielmehr stark erweitert und komplettiert, macht diese Oper zu einem Musikdrama, das völlig zu Recht zu den größten Meisterwerken der tschechischen Oper zählt.
Das berühmte „Lied an den Mond“ gehört längst zu den populärsten Klassik-Hits, und auch die komplette Oper zählt zu den größten Meisterwerken der Musiktheater-Literatur: Antonín Dvořáks lyrisches Märchen „Rusalka“ steht als fünfte und letzte Opernpremiere dieser Spielzeit auf dem Programm des Aalto-Theaters. Unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Tomáš Netopil ist Sandra Janušaitė in der Rolle der Nixe Rusalka zu erleben. Die weiteren Hauptpartien singen Alexey Sayapin (Prinz), Katrin Kapplusch (Fremde Fürstin) und Almas Svilpa (Wassermann).
Regie führt Lotte de Beer, die zuletzt mit ihrer Inszenierung der „Perlenfischer“ am Theater an der Wien (mit Diana Damrau als Leila) überzeugen konnte. Außerdem wurde sie gerade erst bei den International Opera Awards in London als Newcomerin des Jahres ausgezeichnet. Die Niederländerin bringt „Rusalka“ zwischen Märchen und Metapher, Traum und Realität ganz im Geiste seiner Entstehungsperiode auf die Bühne. In den Fokus rückt sie die Unterdrückung der weiblichen Sexualität im Zeitalter der Freud’schen Traumdeutung.
Musikalische Leitung Tomáš Netopil
Inszenierung Lotte de Beer
Ausstattung Clement & Sanôu
Dramaturgie Alexander Meier-Dörzenbach
Choreinstudierung Patrick Jaskolka
Einführungsmatinee Sonntag, 17. Mai 2015, 11:00 Uhr, Aalto-Theater
Weitere Vorstellungen 27., 29., 31. Mai; 4., 13., 16., 19., 21., 25. Juni 2015