Mit magischen Kräften versucht Armida, Rinaldo an sich zu binden, aber er trotzt tapfer ihrer Verführungskunst und kann Almirena befreien. Schließlich findet die geplante Schlacht doch noch statt. Rinaldo führt Goffredos Heer zum Sieg und darf seine Almirena heiraten.
Händel und sein „Rinaldo“
Georg Friedrich Händels künstlerisches Schaffen erstreckte sich auf alle musikalischen Genres seiner Zeit. 1685 als Sohn eines angesehenen Arztes in Halle an der Saale geboren, zog er mit 18 Jahren nach Hamburg, wo bald seine erste Oper, „Almira“, mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Kurz darauf eroberte er mit „Agrippina“ Italien, wo er mit „Viva il caro Sassone! – Es lebe der liebe Sachse!“ gefeiert wurde. 1710 brach er zu seiner ersten London-Reise auf. „Rinaldo“, sein Opernerstling für London, war bei der Uraufführung 1711 im Königlichen Theater am Haymarket eine Sensation. Noch nie zuvor hatte das Londoner Publikum eine derart spektakulär und verschwenderisch ausgestattete Oper gesehen. Über Nacht wurde der 26-jährige Händel zum Star. Er war der erste Komponist, der eine italienische Oper speziell für London schrieb. Bemerkenswert waren vor allem die Aufsehen erregende Bühnenausstattung und die Verwendung magischer Elemente. Zu verdanken hatte er die Idee für dieses Werk dem gleichaltrigen Theaterunternehmer Aaron Hill, der erst kurze Zeit davor Direktor des Queen’s Theatre geworden war und dort etwas Besonderes bieten wollte.
Das Sujet
Nach der Vorlage von Torquato Tassos Epos „Gerusalemme liberata (Das befreite Jerusalem)“, in dem die Geschehnisse des Ersten Kreuzzugs thematisiert werden, sowie Ariosts „Orlando furioso“ und der Legende um die Zauberin Armida skizzierte Händel gemeinsam mit dem Librettisten Giacomo Rossi ein Szenarium, in dem jede Menge Theatereffekte vorgesehen waren, angefangen von Donner, Blitz und Feuerwerk bis hin zu über die Bühne fliegenden echten Vögeln.
Die Musik
Händel schrieb dazu eine wirkungsvolle und mit Überraschungen gespickte Musik. Mit brillanten Arien, in denen die Sänger ihr vielfältiges Können unter Beweis stellen konnten, und raffiniert instrumentierten Orchestereffekten sorgte er für große Begeisterung beim Publikum. Da die italienischen Sprachkenntnisse unter den Engländern nicht sehr stark ausgeprägt waren, reduzierte Händel die Anzahl der textlastigen Rezitative zugunsten der besser verständlichen Arien und einzelner Duette. Bei der Komposition spielte die Affektenlehre eine wichtige Rolle. Jeder Arie ist von einem bestimmten Affekt geprägt: Trauer und Wut, Verliebtheit und Siegestaumel, Naturidylle und kämpferische Kriegsrhetorik beispielsweise. Dadurch erreicht Händel eine große emotionale Tiefe der Figuren. Eine Besonderheit in der Besetzung ist die Mitwirkung von gleich zwei Countertenören.
Barockoper in Bluescreen-Technik
Mit „Rinaldo“ von Georg Friedrich Händel widmet sich die Oper Chemnitz nach längerer Pause erneut einer Barockoper (zuletzt: Händels „Alcina“ 2010).
Die Inszenierung liegt in den Händen des Südafrikaners Kobie van Rensburg, der mit seiner fantasievoll-frechen Version von Rossinis „La Cenerentola“ 2014 den Saisonrenner im Opernhaus auf die Bühne brachte. Bereits bei „La Cenerentola“ hat Kobie van Rensburg mit Videoeffekten gespielt und die deutschen Übertitel mitten ins Bühnenbild projiziert, um die Textverständlichkeit des rasanten italienischen Originals optimal zu gestalten. In seiner Regiekonzeption für „Rinaldo“ benutzt er nun die Bluescreen-Technik als optische Grundlage. Dabei ist es Kobie van Rensburg wichtig, diese Technik nicht als Konzept an sich einzusetzen, sondern als Mittel, seine Sicht auf die Schnittstelle zwischen Sein und Schein stärker herausarbeiten zu können.
Der Zuschauer wird die Inszenierung parallel in zwei Ebenen erleben: In der realen Ebene singen und agieren die Solisten live, befinden sich jedoch in einer Bluebox, in der alle gegenständlichen Dinge wie Dekorationen, Requisiten etc. nur angedeutet bzw. gar nicht vorhanden sind. Dabei werden sie von mehreren Kameras gefilmt, deren Bilder in Echtzeit in virtuelle Räume (der 2. Ebene) hineinprojiziert werden. Das Zusammenspiel dieser multimedialen Elemente ermöglicht eine Übertragung der magischen Effekte aus Händels Zeiten in eine moderne Musiktheaterform des 21. Jahrhunderts und bietet dem Zuschauer ein ganz außergewöhnliches Theatererlebnis.
Aufführung in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Libretto von Giacomo Rossi
Musikalische Leitung: Felix Bender
Inszenierung und Video: Kobie van Rensburg
Choreografie: Sabrina Sadowska
Bühne: Steven Koop
Kostüme: Kristopher Kempf
Mit: Yuriy Mynenko (Rinaldo), Franziska Krötenheerdt / Katharina Boschmann (Almirena), Guibee Yang / Ina Yoshikawa (Armida), Anna Harvey (Goffredo), Andreas Beinhauer (Argante), Tiina Penttinen (Ein christlicher Magier), Jud Perry (Eustazio)
Es spielt die Robert-Schumann-Philharmonie.
Die nächsten Vorstellungen sind am 31. März, 19.00 Uhr sowie am 9. und 23. April,
jeweils 15.00 Uhr im Opernhaus Chemnitz.