Grace ist empört. Sie trotzt ihrem Vater einen Teil seiner bewaffneten Bande ab und entlässt die Sklaven in die Selbstbestimmung. Doch die Arbeiter wissen mit der neu gewonnenen Freiheit wenig anzufangen. Grace benötigt ihre ganze Überzeugungskraft, um die ehemaligen Sklaven zu selbstständigen Entscheidungen und autonomem Handeln anzutreiben. Als mangelnde Organisation und Fehlentscheidungen die Plantage ins Chaos zu stürzen drohen, greift Grace zu anderen Mitteln: Wer den Wert persönlicher Freiheit nicht begreifen will, erhält Nachhilfestunden in Demokratie – im Notfall mit vorgehaltener Waffe. Zunehmend werden die guten Absichten der jungen Frau korrumpiert, bis sie sich in der Rolle einer diktatorischen Sklavenbesitzerin wieder findet und mit ihrem eigenen Rassismus konfrontiert sieht. Hat sie beim Versuch, die Freiheit der anderen durchzusetzen, ihre eigene verspielt?
“Manderlay” ist Experiment und Lehrstück, Spiel und Provokation. Angesiedelt im Süden der USA im Jahre 1933, lässt sich der Mikrokosmos Manderlay auf andere Zeiten, Tyranneien und Diktaturen übertragen. Lars von Trier stellt hier die allgemeingültige Frage nach der Fähigkeit des Menschen, seine persönliche Freiheit sinnvoll zu nutzen. Und er beantwortet sie mit der defätistischen These, dass ihm eben diese Fähigkeit fehlt. Ist die “Masse Mensch” zu träge für Freiheit? Lebt es sich bequemer, wenn ein anderer die Entscheidungen trifft? “Manderlay” ist darüber hinaus auch Sinnbild für ein Dilemma heutiger Politik: Dulden wir Diktaturen, da sie wenigstens für Stabilität sorgen? Oder bekämpfen wir sie, notfalls mit militärischer Gewalt, um die Freiheit des Volkes zu gewährleisten – und riskieren damit womöglich anhaltende Bürgerkriege?
Der Film “Manderlay” (2005) ist nach “Dogville” der zweite Teil einer geplanten Amerika-Triologie von Lars von Trier (*1956 in Kopenhagen). Der dänische Filmemacher gilt als einer der einflussreichsten Regisseure seiner Generation. Er ist Mitverfasser des Filmregelwerks “Dogma 95”, das sich gegen die zunehmende Wirklichkeitsentfremdung des Kinos ausgesprochen hatte. In logischer Konsequenz verbannten die Filmemacher fortan visuelle Effekte und technische Raffinessen aus ihren Werken. Zu Lars von Triers Filmen zählen u. a. “Breaking the Waves, “Idioten”, “Dancer in the Dark”, “Antichrist” und “Melancholia”. Der dänische Filmemacher gilt als einer der einflussreichsten Regisseure seiner Generation. Sein neuester Film „Nymphomaniac 1“ läuft seit dem 20. Februar in den Kinos.
Regie führt Hermann Schmidt-Rahmer, der am Schauspiel Essen bereits Elfriede Jelineks „Ulrike Maria Stuart“ (ausgezeichnet als beste Inszenierung beim NRW-Theatertreffen 2012 in Oberhausen) und
„Clockwork Orange“ von Anthony Burgess auf die Bühne gebracht hat.
Deutsch von Maja Zade
Inszenierung
Hermann Schmidt-Rahmer
Bühne, Kostüme, Puppen, Video
Thomas Goerge
Dramaturgie
Carola Hannusch
Mit
Daniel Christensen
Stefan Diekmann
Ingrid Domann
Floriane Kleinpaß
Sven Seeburg
Johann David Talinski