Auch wenn es paradox klingt: es sind vergleichsweise ruhige Zeiten, in denen man sich Eifersucht leisten kann. Wie die desolaten politischen Verhältnisse eines Polizeistaates das private Glück beeinträchtigen können, zeigt die Oper "Tosca". Die titelgebende Heldin lebt zu Anfang noch ganz der Kunst als Sängerin - und der Liebe zu dem Maler Cavaradossi. Sie erscheint etwas divenhaft verwöhnt, fromm und sehr verliebt. Allein die Eifersucht plagt sie, als nicht sie in einem Fresko verewigt wird, sondern eine andere Kirchenbesucherin. Und diese Eifersucht wird ihr dann zum Verhängnis. In dieses ganz normale Leben brechen unversehens Bedrohung und Gewalt. So wird Tosca ungewollt zur Verräterin, verursacht dadurch den Tod eines politischen Aktivisten und die Gefangennahme ihres Geliebten. Um ihn frei zu lösen, soll sie ihren Körper dem Häscher Scarpia verkaufen, der sie unter Druck setzt und erpresst. Als er versucht sie zu vergewaltigen, ersticht sie ihn. Am Ende muss sie erkennen, dass er sein Versprechen, Cavaradossi nur zum Schein zu erschießen, nicht gehalten hat. Untröstlich wegen dieser Hinterhältigkeit folgt sie ihrem Geliebten in den Tod.
Dietrich Hilsdorf inszeniert dieses Melodrama fast ganz klassisch. Nur die Folterung von Cavaradossi findet auf offener Bühne und nicht hinter verschlossenen Türen statt. Tosca muss ihr mit verbundenen Augen beiwohnen. Dabei verschont er mit grausamen Darstellungen sein Publikum, das durch aktuelle Berichterstattungen in den Medien inzwischen ganz Anderes gewohnt ist. Nicht dass man das unbedingt sehen wollte, die Frage stellt sich nur, ob es nicht doch eindrucksvoller gewesen wäre, diese Szene, wie von Puccini vorgesehen, hinter der Bühne stattfinden zu lassen, und den Horror akustisch umso intensiver darzustellen. So wirkt es doch sehr zahm, auch wenn es sich für die "blinde" Tosca anders darstellen mag. Die vielleicht beabsichtigte Unterstreichung der Perfidität des Scarpia gewinnt dadurch nicht allzu viel. Ganz anders sieht das bei der Erschießungsszene aus, bei der Cavaradossi mit dem Rücken zum Publikum steht und das Erschießungskommando direkt ins Publikum zielt. Durch diesen simplen Zug fühlt sich der Zuschauer unmittelbar betroffen.
Bei sängerischen Glanzleistungen dieser Inszenierung wusste Anooshah Golesorkhi als Baron Scarpia in seinem schicken Manageranzug die Facetten seiner Rolle zwischen aalglatt, lüstern, perfide, gewalttätig und erschreckend eindrucksvoll zu gestalten. Zoran Todorovich glänzte als Cavaradossi und Morenike Fadayomi als Tosca überstrahlte alle und hatte ganz zum Schluss einen effektvollen Abgang ganz allein vor dem roten Bühnenvorhang.
TOSCA von Giacomo Puccini
Melodramma in drei Akten
Libretto von Luigi Illica und Giuseppe Giacosa
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Tosca: Morenike Fadayomi
Cavaradossi: Zoran Todorovich
Scarpia: Anooshah Golesorkhi
Angelotti: Günes Gürle
Sagrestano: Daniel Djambazian
Spoletta: Cornel Frey
Sciarrone: Lukasz Konieczny
Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein
Kinderchor: Kinderchor St. Remigius
Orchester: Düsseldorfer Symphoniker
Musikalische Leitung: Enrico Dovico
Inszenierung: Dietrich Hilsdorf
Bühne und Kostüme: Johannes Leiacker
Chorleitung: Christoph Kurig
Kinderchorleitung: Petra Verhoeven
Dramaturgie: Cornelia Preissinger
Nächste Vorstellungen:
Oper Düsseldorf
Do 31.10, Mo 23.12, Sa 28.12.13
Theater Duisburg
Sa 08.03.14, Di 27.05.14