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"Immer noch Sturm" von Peter Handke im SCHAUSPIELHAUS GRAZ

Premiere am 13. Februar 2014 um 19.30 Uhr, Hauptbühne. -----

»Meine Vorfahren nähern sich von allen Seiten.« Unter dem Apfelbaum seiner Ahnen, der wie diese fest im Jaunfeld verwurzelt ist, nimmt der Dichter Peter Handke eine Familienaufstellung vor.

Anhand der zum Teil fiktionalisierten Biografien seiner Mutter und die ihrer Eltern und Geschwister, die der slowenischen Minderheit in Kärnten angehörten, wird ein bewegtes Zeitalter Kärntner Geschichte lebendig – vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Ich-Erzähler ist um Verstehen und Aneignung der Lebenswelt seiner Vorfahren bemüht, die wider Willen eine tragische Entwicklung erfährt. Als Spielleiter vermag er Zeiten und Perspektiven zu wechseln: mal ist er nur Beobachter, mal mischt er sich als Familienmitglied mit Fragen und Kommentaren ein. So begleitet sein Blick die drei Onkel in den Krieg, mit dem die »Großdeutschen« nicht nur das traditionelle Leben der slowenischen Bergbauern nachhaltig verändert haben. Zwei von ihnen werden auf fernen Schlachtfeldern fallen, ein dritter geht zu den Partisanen. Auch die düstere Tante schließt sich den »grünen Kadern« an, die in den Heimatwäldern bewaffneten Widerstand leisten.

 

Das »Ich« verfolgt ihren Weg, erlebt die Schwere vieler Entscheidungen, Opfer und Entbehrungen. Endlich feiern sie das Ende des Krieges, aber die Ruhe nach dem großen Sturm erweist sich als so kurz wie trügerisch. »Hauptsache, man lebt. Aber wer ist man? Und was heißt Leben?« Denn die Sieger werden binnen kurzer Zeit wieder zu Ohnmächtigen; ihnen wird das Recht auf Sprache und kulturelle Identität abgesprochen und ihre historische Leistung gibt Anlass zu Anfeindungen. »Warum wir? Wir haben doch verloren. Sind kein Thema. Und auch kein Stoff zum Träumen!«, schlägt es dem selbsternannten Spielleiter von den Seinen entgegen. Aber beharrlich setzt das »Ich« in Peter Handkes traumspielhafter Bühnendichtung seine Ahnen ins Zentrum der Geschichte.

Regisseur Michael Simon lässt neben den SchauspielerInnen 14 SpielerInnen mit slowenischen Wurzeln und Sprache in seiner Inszenierung mitwirken.

 

Peter Handke wurde am 6. Dezember 1942 in Griffen (Kärnten) geboren. Die Familie mütterlicherseits gehört zur slowenischen Minderheit in Österreich; der Vater, ein Deutscher, war in Folge des Zweiten Weltkriegs nach Kärnten gekommen. Nach dem Abitur im Jahr 1961 studierte Handke in Graz Jura. Im März 1966 erschien sein erster Roman Die Hornissen. Im selben Jahr erfolgte die Inszenierung seines inzwischen legendären Theaterstücks Publikumsbeschimpfung in Frankfurt in der Regie von Claus Peymann. Seitdem hat er mehr als dreißig Erzählungen und Prosawerke verfasst. Das große Epos Immer noch Sturm wurde im August 2011 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt und 2012 mit dem Mülheimer Dramatikerpreis ausgezeichnet. Peter Handke wurde mit zahlreichen internationalen Preisen geehrt.

 

Regisseur Michael Simon (*1958), deutscher Theater- und Opernregisseur, kam über die Bildende Kunst zum Theater. Als Bühnenbildner arbeitete er u. a. in Frankfurt, Wien, Hamburg und Berlin. Inszenierungen u. a. in Basel, Karlsruhe, Darmstadt und München. Lehrtätigkeit an der HfG Karlsruhe und der Zürcher Hochschule der Künste. 2012 inszenierte er am Schauspielhaus Graz die Österreichische Erstaufführung von Elfriede Jelineks Rechnitz (Der Würgeengel).

 

Regie & Bühne Michael Simon

Kostüme Denise Heschl

Musik Bernhard Neumaier

Dramaturgie Heike Müller-Merten

 

Mit Julius Feldmeier, Kaspar Locher, Christoph Rothenbuchner, Seyneb Saleh, Birgit Stöger, Jan Thümer; Matej Bunderla, Tanja Čertov, Stefan Czvitkovich, Heide Gaidoschik, Max Gallob, Judith Grandits, Ivanka Gruber, Ludwig Gruber, Petra Kohlenprath, Tomaž Kovačič, Andreas Kueß, Damijan Smrećnik, Stipe Subasic, Lara Vuković

 

Musiker Christian Bakanic, Bernhard Neumaier, Philipp Pluhar, Manfred Temmel

 

Weitere Vorstellungen am 15., 25. und 26. Februar 2014, am 5., 6. und 21. März, jeweils 19.30 Uhr sowie ab April

 

Tickets

T 0316 8000, F 0316 8008-1565 - E tickets@buehnen-graz.com

I www.schauspielhaus-graz.com

 

 

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