Mit Koffer und Zeichenmappe platzt er in ein Gespräch der beiden Juden Schlomo Herzl, einem Hausierer, und Lobkowitz, einem arbeitslosen Koch. Die beiden suchen wild kalauernd den Titel für Herzls Memoiren und einigen sich schließlich auf Mein Kampf.
Schlomo Herzls Waffe gegen den jungen Adolf ist heftig umsorgende Liebe, doch als Hitlers künstlerische Ergüsse Kukuruz im Zwielicht und Meine Mutter beim Erbsenpulen im Zwielicht an der Akademie abgelehnt werden, beginnt er sich in menschenverachtende rassistische, antisemitische und nationalistische Identitäts-Konstrukte zu retten. Und Lobkowitz wusste es von Anfang an: „Mitgefühl für Antisemiten ist für Juden lebensgefährlich“.
Was in der NS-Zeit peinlich verschwiegen wurde, ist eine historische Tatsache, die den Ausgangspunkt des Textes bildet: Adolf Hitler lebte in Wien keinesfalls in einem großen bürgerlichen Haus am Alsergrund, sondern unter anderem im so genannten Männerwohnheim in der Meldemannstraße in der Brigittenau.
Gleichzeitig ist Mein Kampf eine Farce über das Trauma der Shoah und somit eine Variation zu Taboris Lebensthema, die Auseinandersetzung mit dem, was er den „Fluch, seinen Feind zu verstehen“, genannt hat. Dabei wird Hitler interessanter- weise keineswegs als blutrünstiger Dämon, sondern im Gegenteil als unsympathischer, aber nicht durchweg abstoßender Wirrkopf dargestellt. „Man kann Hitler eben nur bewältigen, wenn man diese Züge in sich erkennen lässt“, so Tabori.
Christian Wittmann
Jeanne Gröllmann /
Christian Wittmann
Kostüme:
Jeanne Gröllmann
Musik:
Nebojša Krulanović
Dramaturgie:
Franziska Kramer
Besetzung: Vasilij Sotke (Schlomo Herzl)
Silvia Glogner (Lobkowitz/Himmlischst)
Sebastian Hufschmidt (Hitler)
Nicole Reitzenstein (Gretchen)
Julia Ribbeck (Frau Tod)