Castor und Pollux sind Zwillingsbrüder, in einer Nacht gezeugt, dieselbe Mutter, zwei verschiedene Väter. Jupiter ist der Vater von Pollux, was diesen zum Halbgott und damit unsterblich macht. Castor dagegen ist ein normaler Sterblicher. Die Brüder sind sich innig zugetan. Beide lieben dieselbe Frau, Télaire, die aber nur Castor liebt und einem Dritten, Lynkeus, versprochen ist. Im Kampf mit diesem stirbt Castor. Pollux rächt seinen Bruder, Lynkeus stirbt im Zweikampf. Télaire erweicht Pollux, Jupiter aufzusuchen und zu bitten, Castor wieder aus der Unterwelt ins Leben zurückzubringen. Aus Liebe zu ihr und seinem Bruder begibt sich Pollux in die Unterwelt, um Castors Stelle einzunehmen. Castor jedoch will das Opfer seines Bruders, der damit auf die Unsterblichkeit und die Liebe zu Télaire verzichten würde, nur für einen Tag annehmen, um ein letztes Mal Télaire zu sehen. Diese ist zunächst überglücklich, Castor wiederzusehen, als sie aber erfährt, dass dieses Glück nicht von Dauer ist, rast sie gegen die Götter und Jupiter. Dieser steigt mit Blitz und Donner aus dem Olymp herab, was Castor und Télaire die Sinne raubt. Jupiter lässt jedoch Gnade walten und als Pollux zurückkehrt, erhebt er beide als Sternbild der Zwillinge in den Himmel, wodurch auch Castor die Unsterblichkeit gesichert ist. Es folgt ein himmlischer Festakt.
Als Grundlage seiner Inszenierung von "Castor et Pollux" hat Martin Schläpfer die Urfassung der von Jean-Philippe Rameau 1737 komponierten Oper verwendet. Für die Ausstattung der Bühne und der Kostüme konnte er die Stuttgarter Künstlerin rosalie gewinnen. Diese wirft einen ironischen Blick auf den Götterhimmel, den sie damit zugleich entstaubt. Der Olymp ist ein 4m-Sprungbrett, der Himmel eine Waben-Skulptur aus opalen Plastikrohren, farbig wechselnd ausgeleuchtet. Die Götter lieben den Pomp, kleiden sich so grandios opulent, dass sie sich kaum bewegen können. Ihre Erhabenheit betonen sie durch ultrahohe Kothurne, die sie noch ein Stück mehr über die niederen Menschen erhöht. Die Sterblichen dürfen sich daher nur in flachen Turnschuhen bewegen. Der Chor scheint in seinen hygienisch-weißen Gewändern aus Mitarbeitern einer Großküche zu bestehen.
Martin Schläpfer gelingt es in seiner Inszenierung, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Musik, Gesang und Tanz herzustellen. Während Musik und Gesang werkgetreu ausgeführt werden - Garant dafür ist die Neue Düsseldorfer Hofmusik unter Leitung von Axel Kober -, bedient sich der Tanz moderner Körpersprache, führt also kein höfisches Ballett als Beiwerk auf. Vielmehr lässt Schläpfer hier seine Tänzer quasi als Schatten agieren, die das Geschehen kommentieren, ironisieren oder emotional verdichten. Damit erzeugt er eine zweite Ebene, die dem heutigen mediengesättigtem Zuschauer etwas mehr Dynamik und produktive Spannung bietet und ihm diese Barockoper näher bringt, indem er sie im Zeitgenössischen subtil verankert, ohne jedoch das historische Konzept aufzugeben.
Überzeugend auch die Sänger: Alma Sadé als Télaire, Günes Gürle als Pollux, Jussi Myllys als Castor, Claudia Braun als Phébé.
Eine Inszenierung also, die alle Sinne anspricht und beim Publikum stürmische Begeisterung hervorrief.
Tragédie mise en musique in fünf Akten und einem Prolog
Libretto von Pierre-Joseph Bernard, dit Gentil-Bernard
Version 1737
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung: Axel Kober
Inszenierung und Choreographie: Martin Schläpfer
Raum, Lichtobjekte und Kostüme: rosalie
Licht: Volker Weinhart
Chorleitung: Gerhard Michalski
Dramaturgie: Anne do Paço
Vénus: Iryna Vakula
Mars: Christophe Gay
Minerve: Katarzyna Kuncio
L'Amour: Ovidiu Purcel
Jupiter: Sami Luttinen
Castor: Jussi Myllys
Pollux: Günes Gürle
Télaïre: Alma Sadé
Phébé: Claudia Braun
Le Grand Prètre de Jupiter: Dmitry Lavrov
Athlète: Tansel Akzeybek, Attila Fodre
Suivante d'Hébé: Maria Kataeva
Une Ombre heureuse: Romana Noack
Une Planète: Claudia Braun
Hébé: Feline van Dijken
Mercure: Jackson Carroll
Ballett am Rhein: Sachika Abe, Marlúcia do Amaral, Wun Sze Chan, Mariana Dias, Yuko Kato, So-Yeon Kim, Anne Marchand, Nicole Morel, Louisa Rachedi, Claudine Schoch, Virginia Segarra Vidal, Julie Thirault, Helge Freiberg, Antoine Jully, Sonny Locsin, Marcos Menha, Bruno Narnhammer, Bogdan Nicula, Sascha Pieper, Boris Randzio, Alexandre Simões, Remus Sucheana, Maksat Sydykov, Jörg Weinöhl
Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein
Orchester: Neue Düsseldorfer Hofmusik
Premiere 28. Januar 2012 im Opernhaus Düsseldorf