Es sind virtuose Schauspieler, die Schauspieler spielen. Das Theater auf dem Theater kommt so rasch in Gang. Die Sprünge zwischen Kunst und Leben wechseln sich in diesem temporeichen Zwei-Personen-Stück in der subtilen Regie von Vladislav Grakovskiy und im Bühnenbild und den Kostümen von Lara Grakovskiy in facettenreicher Weise ab.
Lies kehrte der Bühne den Rücken, heiratete einen Kunst sammelnden Frauenarzt und zog nach Südfrankreich. Richard blieb dem Theater jedoch treu. Er ist allerdings zynisch, trinkt viel zu viel und verärgert Kolleginnen. Die Premiere des neuen Stücks droht deswegen zu scheitern. Die beiden Darsteller agieren hier mit viel Situationskomik, die durch die Bühnenassistenz von Nicole Hartuna und die musikalische Saxophon-Begleitung von Thomas Leitmann noch erheblich verstärkt wird. Lies lässt sich dann jedoch überreden und beide geraten in einen Sog unterschiedlichster Gefühle und Stimmungen, was Sophie Schneider und Guido Kunkel überzeugend verkörpern.
So brechen alte Wunden wieder auf, der Frauenarzt wird von dem eifersüchtigen Richard sogar als "Mösenbeschauer" diffamiert. Er gießt Lies Alkohol ins Gesicht: "Hat's Spaß gemacht, mich zu demütigen?!" Und natürlich muss sie sich verteidigen: "Ich bin mit ihm verheiratet!" Im Laufe der Handlung wird immer mehr deutlich, dass ihr Ehemann trotz der Beziehung zu Richard stets präsent ist und deswegen die Nähe der beiden Schauspieler zueinander verhindert. Es ist eine komplizierte Dreiecksbeziehung mit vielen Hindernissen, bei der Lies Richard schließlich vorwirft, dass ihm "ein gewisser Ruf" vorauseilt. Tatsächlich ist er jähzornig und brüllt seine Kolleginnen im Theater an. "Du stinkst nach Alkohol!" sagt sie zu Richard, der ihren Ehemann wieder als "Muschi-Doktor" bezeichnet.
Der Alkoholgenuss entfaltet hier eine immer verhängnisvollere Wirkung, es ist wie der Vorhof zur Hölle. Das seltsame Paar fragt sich allerdings auch, ob es damals die richtige Entscheidung war, getrennte Wege zu gehen. "Du wolltest es gar nicht verhindern", meint Richard. Und beide philosophieren über die Magie von Rubens-Gemälden. Für Richard ist eine Schauspielerin "eine Hure mit gutem Gedächtnis". Und sie kontert schlagfertig: "Spiel' du nur weiter Hamlet in der Bearbeitung eines isländischen Pferdezüchters!" So kommt es zur endgültigen Trennung: "Mach's gut, meine Liebe..." Die Melancholie dieser letzten Szene wird in der Inszenierung von Vladislav Grakovskiy sehr gut herausgearbeitet (Regieassistent: Giovanni Gagliano).
Nach einer spannungsvollen Pause erscheint zuletzt wieder der Ehemann von Lies mit einem Blumenstrauß, das eigentliche Paar hat sich wieder gefunden. Es gab viel Applaus und "Bravo"-Rufe für eine Inszenierung, die das Verhältnis von Frauen und Männern in hintersinniger Weise auslotet. Der Zuschauer wird fast direkt am Geschehen beteiligt und Guido Kunkel schlüpft virtuos in die beiden Männer-Rollen.