Johanna, eine junge Frau, die scheinbar aus dem Nichts kommt, wendet das Blatt einer ganzen Nation, weil sie alles in sich vereint, das nicht zusammen passt: Weiblichkeit, Krieg, Unverwundbarkeit, Mord und Reinheit. Ihr Charisma wird zur Energiequelle für die an allen Fronten geschlagenen Franzosen und zum Schrecken der vormals sieggewohnten Engländer. Ob Heilige, Hexe, Märtyrerin oder Hochstaplerin – Teil der Gemeinschaft kann sie niemals werden. Als ihre Mission erfüllt ist, strauchelt sie. Der Moment des Erbarmens mit dem Feind macht sie bei Schiller angreifbar. Statt der Kriegsmaschine ist da plötzlich ein verwundeter Mensch, des Mythos' entkleidet und dennoch unfähig zur Zweisamkeit. Auf dem Krönungsplatz in Reims steht sie als Dekor neben einem durch sie erstarkten Herrscher und wird vom eigenen Vater öffentlich verleumdet. Ein willkommener Anlass, die ehemals Heilige als Hexe zu vertreiben. Doch Johanna kehrt zurück, erringt einen letzten Sieg und stirbt, um zur Symbolfigur zu werden – für alle, die ihrer bedürfen, für welche Zwecke auch immer.
Schiller hat uns mit seiner Jungfrau von Orleans ein ebenso wirkungsmächtiges wie widerspruchsgeladenes Erbe hinterlassen – keine Reliquie hinter Glas, sondern eine offene Wunde.
Inszenierung
Christian Schlüter
Bühne und Kostüme
Anke Grot
Choreografische Mitarbeit
Gianni Cuccaro
Dramaturgie
Katrin Enders
Mit Oliver Baierl // Georg Böhm // Anica Happich // Cornelius Gebert // Jan Hille // Stefan Imholz //
Henriette Nagel // Doreen Nixdorf // Michael Schrodt // Thomas Wolff
Die nächsten Vorstellungen
22.09., 28.09., 30.09., 03.10.,
05.10., 09.10., 13.10., 14.10.,
23.10.; weitere Termine folgen
Bild: Friedrich Schiller