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"Der Rosenkavalier" von Richard Strauss im Staatstheater Nürnberg

Komödie für Musik in drei Aufzügen von Hugo von Hofmannsthal

Premiere Samstag, 21.10.2006 18:00 Uhr.

Der Andrang war groß. So groß, dass die Reichsbahn Sonderzüge von Berlin nach Dresden einsetzen musste. Dorthin nämlich mussten die Berliner reisen, wollten sie das neueste „schlüpfrige“ Werk ihres Königlich Preußischen Musikdirektors Richard Strauss sehen: Welche Oper dieser Zeit – wie 1911 „Der Rosenkavalier“ – beginnt schon im Schlafzimmer mit dem Ehebruch einer adeligen Marschallin?

Die ursprüngliche Idee war, eine heitere deutsche Oper zu schreiben, wie sie es seit den „Meistersingern“ nicht gegeben hatte; eine Oper, die eher dem Geist Mozarts und der italienischen Opera buffa verpflichtet sein sollte als dem Vorbild Wagners. Um das Aroma „alter Zeit“ glaubhaft entstehen zu lassen, mixten Komponist und Autor im Rückgriff auf die Rollenfächer der italienischen Commedia, auf Molière und Nestroy, auf Intrigen- und Verkleidungsspiel barocke Arie und zierliches Rokoko, höfischen Glanz und Walzerrausch, neureiche Bürgerlichkeit und wienerische Volkstümlichkeit kongenial zu einem homogenen Gesamtkunstwerk. Was Strauss und sein Librettist Hofmannsthal im Wien der Maria Theresia um 1740 ansiedelten, ist in Wirklichkeit jedoch ein Spiegel ihrer eigenen Zeit und des Finde siècle: Die „Komödie mit Musik“ ist ein Endzeit-Stück, in dem sich die Auflösungserscheinungen der gesellschaftspolitischen Vorkriegssituation deutlich widerspiegeln. Auch musikalisch beweist „Der Rosenkavalier“ die ungebrochene Modernität am Beginn des 20. Jahrhunderts: in der hochentwickelten Leitmotivtechnik, in der Raffinesse klanglich-instrumentatorischer Abschattierungen, in der Kultivierung eines modernen Konversationsstils und nicht zuletzt in den tumultartigen Ensembleszenen, in denen die illustrativen Aspekte der Musik ihren Höhepunkt erreichen. Auf die Bühne gebracht werden aber nicht nur Lokalkolorit und die Seelenlandschaft Wiens zur Zeit Freuds und Schnitzlers, sondern auch die immerwährenden großen Themen der Menschheit: die Liebe, an der in diesem Fall die kalkulierte Verbindung zwischen Geld und Adel scheitert, Verzicht und Melancholie, Vergänglichkeit und Altern. Dass aus dem „Rosenkavalier“ – über Text und Musik, über alle Facetten des Stils, über jede gesellschaftspolitische Bedeutsamkeit hinaus – eine tiefe menschliche Wahrheit strahlt, die gleichermaßen zeitlos wie aktuell ist, macht ihn zu einem der bedeutendsten Kunstwerke des 20. Jahrhunderts.

 

Termine:

Samstag, 21.10.2006 18:00 Uhr • Samstag, 28.10.2006 18:00 Uhr • Samstag, 25.11.2006 18:00 Uhr • Sonntag, 03.12.2006 17:00 Uhr • Sonntag, 10.12.2006 17:00 Uhr • Samstag, 16.12.2006 18:00 Uhr • Sonntag, 21.01.2007 17:00 Uhr • Montag, 09.04.2007 17:00 Uhr

 

 

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