Wenn aber ein Schauspieler allein sprechen muss, wird die Künstlichkeit des Monolog-Modells, letztendlich der Akt des Sprechens selbst, unübersehbar. Man kann immer noch die Konfrontation mit diesem Vorgang so umgehen, dass man das Pathologische des allein Sprechens betont, oder direkt die Zuschauer als Ansprechpartner annimmt (eine Lösung, die oft gewählt wird). Aber es verbirgt sich mehr hinter diesem alten urtheatralischen Bühnenvorgang.
Mit Hilfe von neun Monologen (von Euripides, Shakespeare, Genet, Sarah Kane und Heiner Müller) haben wir uns mit der Frage auseinandergesetzt, welche „Ausnahmesituation“ auf der Bühne beim Sprechen eines Monologs geschaffen wird. Es geht darum zu zeigen, dass der Monologisierende den Ort, wo ein Monolog möglich ist, aktiv sucht. Er will diesen Raum kreieren, in dem er auf andere Weise als sonst mit sich selbst konfrontiert wird. Es gibt ein Bedürfnis, das sich im Monolog manifestieren kann: sich von sich zu entfernen, um das Denken zu ermöglichen. Es geht um eine Erfahrung des Zusammenstellens von Sprache derart, dass man sich reflektieren kann; darum, etwas zu veräußerlichen, um es zu sehen, das nur im Moment dieser Entfernung von sich selbst überhaupt Gestalt annehmen kann. Hier ist der Prozess des allein Sprechens dem schöpferischen Akt der Dichtung nah. Es entsteht ein Konzentrationsraum, eine Ausnahmesituation durch die Entfernung von sich. Dafür aber braucht der Monologisierende den Zuschauer. Aber nicht als Ansprechpartner. Sondern als Zeuge. Ein Zeuge, der schweigt, während er sich dem Prozess des Monologs hingibt und ihm dadurch die nötige Differenz zu seinem Tun schenkt. Der Monologisierende braucht den schweigsamen Zuschauer, nutzt ihn sogar aus: Der Alleinsprechende kann nur allein sein, weil andere ihm zuschauen und schweigen. Ein kollektiver Prozess.
Leitung : Laurent Chétouane