Zunächst ein einzelner, geduckter Tänzer auf der Bühne, damit ist schon zu Beginn von Martin Schläpfers "7" der Ton seiner neuen Choreographie angestimmt. Gustav Mahlers 7. Sinfonie bildet die musikalische Grundlage und in der episodenhaften Ausgestaltung nimmt er Bezug auf Mahlers Biografie, Mahlers Ausgegrenztsein in der Welt, sein Gefühl des Fremdseins in einer Zeit des spürbaren Antisemitismus. Dieses Thema zieht sich durch das gesamte Stück und findet seinen stärksten Ausdruck im Spiel "Reise nach Jerusalem", bei dem immer jemand übrig bleibt, keinen Platz mehr findet. Hier ist es kein unschuldiges Spiel mehr. Das Reisen in die Sommerfrische, wo Mahler seine Sinfonie nach zunächst zähem Ringen endlich zu Ende schreiben konnte, findet auch Nachhall in Schläpfers Stück.
In den mehr heiteren, erzählerischen Passagen fährt man mit der Eisenbahn, vergnügt sich auf dem Lande, Küsschen austauschend. Die in der 7. Sinfonie verwendeten Kuhglocken, die Gitarre und Mandoline lassen solche Assoziationen wie von selbst anklingen. Daneben gibt es viele Abstraktionen, in denen die Grundstimmung facettenreich ihren Ausdruck findet. Bewusst wird mitunter gegen die Musik getanzt, Stiefel und Spitzenschuhe werden in den Boden gerammt als müsse man sich behaupten lernen. Die Kostüme, dunkle lange Mäntel und Stiefel, erinnern an Reisekleidung und jüdisches Habit orthodoxer Prägung, spiegeln so Exil und die Suche nach Heimat wieder. Ganz am Ende findet eine Tänzerin ihren Stuhl, nimmt ihn fast akrobatisch in Besitz, eignet ihn sich an.
Beeindruckend wie Schläpfer ganz aus der Musik schöpft und dennoch zu einem eigenständigen Ausdruck kommt. Für diese faszinierende Aufführung gab es deshalb auch euphorischen Beifall.
b.7 (Uraufführung)
MUSIK Sinfonie Nr. 7 e-Moll von Gustav Mahler
Choreographie: Martin Schläpfer
Musikalische Leitung: Axel Kober
Bühne und Kostüme: Florian Etti
Licht: Volker Weinhart
Orchester: Düsseldorfer Symphoniker
Tänzerinnen: Sachika Abe, Ann-Kathrin Adam, Marlúcia do Amaral, Camille Andriot, Doris Becker, Wun Sze Chan, Sabrina Delafield, Mariana Dias, Feline van Dijken, Carolina Francisco Sorg, Nathalie Guth, Alexandra Inculet, Yuko Kato, So-Yeon Kim, Anne Marchand, Nicole Morel, Louisa Rachedi, Claudine Schoch, Virginia Segarra Vidal, Elisabeta Stanculescu, Julie Thirault, Anna Tsybina, Irene Vaqueiro
Tänzer: Rashaen Arts, Christian Bloßfeld, Andriy Boyetskyy, Paul Calderone, Jackson Carroll, Martin Chaix, Michael Foster, Filipe Frederico, Philip Handschin, Richard Jones, Sonny Locsin, Alexander McKinnon, Marcos Menha, Bruno Narnhammer, Bogdan Nicula, Chidozie Nzerem, Alban Pinet, Friedrich Pohl, Boris Randzio, Alexandre Simões
Premiere 26. Oktober 2013, um 19.30 Uhr im Opernhaus Düsseldorf
Weitere Termine (Opernhaus Düsseldorf):
23.11.; 30.11.; 6.12.; 21.12.; 25.01.