Unterleuten – ein Dorf in der ostdeutschen Provinz. Alteingesessene und Zugezogene haben ihr Arrangement miteinander getroffen: Man regelt die Dinge über den Gartenzaun. Alte Geschichten lässt man dort, wo sie hingekehrt wurden: unterm Teppich.
Als erstes Theater präsentiert das DNT Weimar eine Bühnenadaption von Juli Zehs Bestseller „Unterleuten“. Der fesselnde Roman aus dem Jahr 2016 ist eine scharfe Analyse der fragilen sozialen Situation unserer Gegenwart. Anhand einer Dorfgemeinschaft in der ostdeutschen Provinz, in der alte Konflikte schwelen und die Pläne für einen Windpark neue Streitigkeiten entfachen, entwirft die Autorin ein groß angelegtes Gesellschaftspanorama. Dabei legt sie auf spannende und kluge Weise Ursachen für die immer noch existierende geistige wie materielle Spaltung des Landes in Ost und West sowie die daraus resultierende Frustration offen.
Darüber hinaus beschäftigen Juli Zeh aber auch die Fragen, ob Gesellschaften, ob Individuen lernfähig sind, und ob Vergangenheit aufgearbeitet werden muss, um zu etwas Neuem zu gelangen – oder besser nicht? Die Kulisse dafür liefert das (fiktive) idyllisch gelegene Dörfchen Unterleuten. Alteingesessene und Zugezogene koexistieren hier nach dem Prinzip „Leben und leben lassen“ im Alltag friedlich nebeneinander.
Als aber eine Investmentfirma am Ortsrand einen Windpark errichten will, beginnt es unter den Bewohnern zu brodeln. Alte und neue Interessenskonflikte brechen auf. Vor allem die seit Jahren bestehende Feindschaft zwischen dem Wendegewinner Gombrowski, Vorsitzender der landwirtschaftliche GmbH Ökologica, und dem Wendeverlierer und Altkommunisten Kron, kocht wieder hoch. Richten die Windräder das Dorf zugrunde, oder gelingt mit ihnen endlich der Anschluss an eine neue Zeitrechnung? Alle, auch die Großstadtflüchtlinge ziehen auf das nun eröffnete Schlachtfeld. Und Unterleuten lässt seine Maske fallen. Das Naturparadies wird zur Vorhölle.
Mit der Realisierung des Stoffs auf dem Theater setzt das DNT seine bereits in Arbeiten wie „Melken“ und „Der Hals der Giraffe“ aufgegriffene Befragung des nach wie vor von Konflikten und Widersprüchen geprägten Vereinigungsprozesses breit gefächert fort.
Die Theaterfassung von Regisseurin Jenke Nordalm und Chefdramaturgin Beate Seidel macht die jüngste Romanfigur, das Mädchen Krönchen (gespielt von Simone Müller), zur Erzählerin der Geschichte. Gemeinsam mit ihr sind in der Inszenierung Nadja Robiné, Johanna Geißler, Dascha Trautwein, Elke Wieditz, Anna Windmüller, Sebastian Kowski, Lutz Salzmann, Nahuel Häfliger, Max Landgrebe, Sebastian Nakajew, Bernd Lange, Bastian Heidenreich, Christoph Heckel und Ulf Steinhauer zu erleben, der auch live die Musik zum Abend beisteuert.
Weitere Vorstellungen folgen am 26.11., 9. und 22.12. sowie ab Januar 2018
Bild: Foto Luca Abbiento